Der IDO Verband musste am 29.09.2020 erneut eine empfindliche Niederlage vor dem Landgericht Bonn gegenüber unserer Mandantin, einer Kleinstunternehmerin aus Bonn, hinnehmen.
Was war passiert?
Der IDO Verband aus Leverkusen hatte unsere Mandantin wegen vermeintlicher Wettbewerbsverstöße auf der inzwischen nicht mehr existenten Verkaufsplattform DAWANDA im Jahre 2017 abgemahnt. Konkret ging es um behauptete fehlerhafte Angaben zur Textilkennzeichnungsverordnung und der Information des Verbrauchers über die Vertragstextspeicherung im Rahmen eines Onlineangebotes. Es ging hier um einen einzigen Schal, bei dessen Bewerbung die beanstandeten Informationspflichtverletzungen vorgelegen haben sollen. Dieser eine Schal wurde zu einem Kaufpreis von ca. 59 € zum Verkauf angeboten.
Die Kleinunternehmerin zahlte zwar die geforderte Kostenpauschale des IDO Verbandes, weigerte sich aber, eine sog. strafbewehrte Unterlassung und Verpflichtungserklärung abzugeben. Daraufhin beantragte der IDO Verband bei dem Landgericht Bonn seinerzeit den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung besagten Verhaltens. Nachdem das Landgericht Bonn zunächst die einstweilige Verfügung erlassen hatte, legte die Kleinunternehmerin dagegen Widerspruch ein, auf den das Landgericht Bonn die einstweilige Verfügung aufhob. Die hiergegen eingelegte Berufung des IDO Verbandes wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln nach einem Hinweis des Gerichts zurückgenommen. Ein maßgebender Punkt in diesem Zusammenhang dürfte gewesen sein, dass der IDO Verband im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine sogenannte eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, aus der sich die Mitgliedschaft verschiedener Unternehmen ergab, die allerdings objektiv falsch war, sodass das Oberlandesgericht Köln erhebliche Zweifel an der Glaubhaftmachung der sogenannten Aktivlegitimation (Befugnis, in der streitgegenständlichen Branche überhaupt Abmahnungen aussprechen zu dürfen) des Verbandes hatte.
Der IDO Verband wollte sich jedoch nicht geschlagen geben, und strengte das sogenannte Hauptsacheverfahren an, d. h. er erhob vor dem Landgericht Bonn die Unterlassungsklage betreffend die behaupteten bereits zuvor streitgegenständlichen Verstöße.
Während der IDO Verband noch im einstweiligen Verfügungsverfahren einen vom Oberlandesgericht Köln im Ergebnis festgesetzten Streitwert von 1000 € unbeanstandet gelassen hatte, nahm der IDO Verband nun einen Streitwert für das Unterlassungsklageverfahren i.H.v. 10.000 € an. Auch aus anderen Verfahren war dem Landgericht Bonn bekannt, dass der IDO Verband entsprechend hohe Streitwerte in einstweiligen Verfügungsverfahren oder bei Unterlassungsklagen gegenüber Kleinstunternehmern angesetzt hatte.
Die Entscheidung des
Landgerichts Bonn
Das Landgericht Bonn nahm jedenfalls aufgrund des hohen
Streitwertes im Verhältnis zur Bedeutung der Sache mit Urteil vom 29 September
2020 ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des IDO Verbandes an, wobei die
Verteidigung der Beklagten Kleinunternehmerin noch eine Vielzahl weiterer
Indizien vorbrachte, die auf einen Rechtsmissbrauch des IDO Verbandes schließen
lassen.
Steigende Tendenz auch anderer Gerichte: Abmahnungen des IDO Verbandes wohl rechtsmissbräuchlich
Zuletzt hatten immer mehr andere Gerichte ein recht missbräuchliches Verhalten des IDO Verbandes angenommen, darunter nicht nur das Landgericht Heilbronn, sondern (zwischen den Zeilen) auch das Oberlandesgericht Celle und (eindeutig) das Oberlandesgericht Rostock.
So hatte das Oberlandesgericht Celle bereits erhebliche Zweifel an der Mitgliederstruktur des IDO Verbandes, weil der IDO Verband seine Mitglieder ohne sachlichen Grund in sogenannte aktive und sogenannte passive Mitglieder unterteile, wobei er letzteren keinerlei Mitspracherechte innerhalb des Verbandes zugestand und offenbar die Entscheidung darüber, wer aktives oder wer passives Mitglied wird, allein dem Vorstand und dort offenbar nur einer Person oblag. Dies ließe darauf schließen, dass dem IDO Verband daran gelegen war, die Zügel über die Finanzen einigen wenigen, bzw. einer kleinen Gruppe zu überlassen und vor den passiven Mitgliedern die Ein- und Ausgaben weitgehend zu verbergen.
Das Oberlandesgericht Rostock hingegen nahm aus anderem Grunde ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des IDO Verbandes an, nämlich weil er ausschließlich und ohne sachlichen Grund Wettbewerbsverstöße gegenüber Nichtmitgliedern abmahne, eigene Mitglieder indes vor einer wettbewerbsrechtlichen Inanspruchnahme trotz Kenntnisnahme der Verstöße dieser Mitglieder weitgehend verschone. In einem Verfahren vor dem Landgericht Hildesheim konnten wir dies bestätigen, dort steht eine Entscheidung noch aus.
Ausblick: Neues Gesetz gegen Abmahnmissbrauch
Die Entscheidung des Landgerichts Bonn ist auch im Hinblick
auf das bald in Kraft tretende Gesetz gegen Abmahnmissbrauch bemerkenswert. Denn
das Gericht stellt in erster Linie darauf ab, dass der Kläger wegen der
Verletzung eher unbedeutender Informationspflichten durch Ansatz eines zu hohen
Streitwertes gegenüber einer Kleinstunternehmerin ein erhebliches
Kostenszenario aufgebaut hat, möglicherweise um das Prinzip der finanziellen
Waffengleichheit vor Gericht zu unterwandern.
Gerade die Kosten in Verfahren betreffend solche Verstöße will das Gesetz gegen Abmahnmissbrauch unter anderem möglichst geringhalten.
Das Urteil des Landgerichts Bonn ist noch nicht rechtskräftig, es bleibt abzuwarten, ob der IDO Verband hiergegen Berufung einlegen wird.
Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass es sich inzwischen
durchaus lohnt, gegen Abmahnungen des IDO Verbandes aus Leverkusen vorzugehen.
Dennoch sollten Betroffene vorsichtig sein, da es etliche Entscheidungen gibt,
die zugunsten des IDO Verbandes ergangen sind, auch wenn sich zwischenzeitlich
der Wind vor den Wettbewerbsgerichten zu drehen scheint.
Das Urteil finden Sie im Volltext hier