Der IDO Verband aus Leverkusen
ist seit Jahren bekannt dafür, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen gegen
Unternehmerinnen und Unternehmer auszusprechen. Betroffen von Abmahnungen des
IDO Verbandes sind inzwischen nahezu sämtliche Branchen. Schenkt man den einschlägigen
Studien Glauben, handelt es sich beim IDO Verband aus Leverkusen um
Deutschlands aktivsten Abmahnverband. Immer wieder wurde gerichtlich
vorgetragen, der IDO Verband handele eher im Gebührenerzielungsinteresse, als
im Interesse des Wettbewerbs, wozu in der Tat einiges spricht. So wird z. B.
vielfach angenommen, der IDO Verband spreche Abmahnungen aus, um beitragszahlende
Mitglieder zu gewinnen, mit denen er seine sog. Anspruchsbefugnis dann bei
Abmahnungen in weiteren Branchen begründen kann. Bisweilen wird dem IDO Verband
auch vorgeworfen, dass er eigene Mitglieder systematisch vor Abmahnungen verschone
und nur selektiv gegen Dritte vorgehe, um sich an diesen zu bereichern oder sie
als Mitglieder zu gewinnen.
Bereits Landgericht Heilbronn hielt Abmahnungen des IDO Verbandes für rechtsmissbräuchlich
So hat beispielsweise am
20.12.2019 das Landgericht Heilbronn (Az.: 21 O 38/19 KfH) entschieden, dass
der IDO Verband rechtsmissbräuchlich handele, weil er seine eigenen Mitglieder
gar nicht auf Wettbewerbsverletzungen kontrolliere, sondern Abmahnungen
selektiv nur gegenüber Dritten - Nichtmitgliedern – ausspreche und eine Unterlassungsklage
des IDO Verbandes wegen Rechtsmissbrauchs als unzulässig abgewiesen. Dasselbe
bemängeln wir aktuell vor dem Landgericht Hildesheim.
Die Entscheidung des OLG Celle
Nun hat das OLG Celle im Urteil
vom 26.03.2020 - 13 U 73/19 – eine Unterlassungsklage des IDO Verbandes aus
Leverkusen abgewiesen. Zwar erfolgte die Klageabweisungen deswegen, weil das
OLG Celle den geltend gemachten Unterlassungsanspruch bereits deswegen nicht
für gegeben hielt, weil es in dem dort vom IDO Verband beanstandeten Verhalten keinen
Wettbewerbsverstoß erkannte.
Allerdings machte das OLG Celle „zwischen
den Zeilen“ Ausführungen, die darauf schließen lassen, dass es sich in
zukünftigen Fällen die Abmahnpraxis des IDO Verbandes etwas genauer anschauen
wird, da das OLG Celle deutliche Anzeichen für ein rechtsmissbräuchliches
Verhalten erkannte. So sei nicht nachvollziehbar, dass der IDO Verband den
Kreis seiner Mitglieder ohne sachlichen Grund in „aktive“ Mitglieder (mit
Stimmrecht innerhalb des Verbandes) und – so typischerweise - „passive“
Mitglieder (ohne Stimmrecht innerhalb des Verbandes) unterteile, womit er
letztere systematisch von der Willensbildung innerhalb des Vereins ausschließe
und worüber lediglich der Vorstand entscheide.
Das OLG Celle führte aus:
„Die Klage
könnte jedoch als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 3 UWG anzusehen
sein. (…)
Der Einwand des
Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs. 3 UWG), der bereits die Zulässigkeit der
Unterlassungsklage betrifft (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 – I ZR 215/98 –
Scanner-Werbung, Rn. 32, juris), könnte durchgreifen. Nach § 3 Abs. 3 und 4 der
Vereinssatzung (Anlage K 4) sind nur aktive Mitglieder berechtigt, in die
Vereinsorgane gewählt zu werden. Nur sie haben ein Stimmrecht in der
Mitgliederversammlung, während die passiven Mitglieder nicht stimmberechtigt
sind. Nach Aussage der Zeugin B. entscheide der Vorstand, der aus zwei
Rechtsanwälten, dem Geschäftsführer eines Inkassounternehmens und seiner – von
einem Inkassounternehmen zum Kläger gewechselten – Vorsitzenden bestehe, im
Einzelfall darüber, ob aktive Mitglieder aufgenommen werden. Die passiven
Mitglieder würden auch nicht zu der Mitgliederversammlung geladen. Weiter hat
die Zeugin bekundet, der Kläger habe auch einzelne aktive Mitglieder, sie könne
jedoch nicht angeben, wie viele aktive Mitglieder er habe und nach welchen
Kriterien aktive Mitglieder vom Vorstand aufgenommen würden. Es erscheint dem
Senat wenig glaubhaft, dass die Zeugin – als Geschäftsführerin des Klägers –
keine konkreten Angaben zur Zahl der aktiven Mitglieder und den
Aufnahmekriterien machen konnte. Ein sachlicher Grund, warum die
„Wettbewerbsunternehmen“, deren Interessen der Kläger fördern will, von der
Willensbildung des Klägers ausgeschlossen werden, ist nicht ersichtlich.
Insgesamt besteht für den Senat der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger zu
dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu
generieren, und die zur Erlangung der Aktivlegitimation und
Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder
gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle
nicht zu gefährden.“
Erstaunlich an der Entscheidung
ist allerdings, dass das OLG Celle die finanzielle Ausstattung des IDO
Verbandes, die u. a. Voraussetzung dafür ist, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen
auszusprechen, für gegeben erachtete. Insoweit genügte dem Gericht, dass der
IDO Verband über entsprechende Einnahmen und einen Kontostand von etwa 129.000,
- Euro verfügte. Gänzlich unberücksichtigt ließ das OLG Celle aber, dass – wenn
sein eigenes Urteil Schule macht – sämtliche aktuell anhängigen
Gerichtsverfahren des IDO Verbandes von diesem verloren zu gehen drohen, wobei
wir bezweifeln, dass der IDO Verband dann finanziell in der Lage sein wird,
sämtliche Kostenerstattungsansprüche der Abgemahnten erfüllen zu können.