Der IDO Verband aus
Leverkusen, laut einer Trusted
Shop Studie Deutschlands größter Abmahnverein auf dem Gebiet
des Wettbewerbsrechts, musste vor dem OLG Köln – 6 U 93/18 – eine schwere
Niederlage hinnehmen.
Was war
passiert?
Der IDO Verband aus
Leverkusen hatte eine Kleinunternehmerin wegen eines Verstoßes gegen die
Textilkennzeichnungsverordnung und der unterlassenen Belehrung des Verbrauchers
darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss gespeichert wird,
abgemahnt und aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung
abzugeben. Die abgemahnte Unternehmerin weigerte sich indes, dem IDO Verband
eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und ließ es auf
einen Rechtsstreit ankommen.
Der IDO Verband
beantragte daraufhin bei dem Landgericht Bonn den Erlass einer einstweiligen
Verfügung gegen die Unternehmerin.
Der
Verfahrensgang
Das Landgericht
Bonn – 11 O 49/17 - wies den Antrag zunächst mit der Begründung
zurück, der Antrag des IDO Verbandes sei zu weit gefasst, im Übrigen sei die
Anspruchsbefugnis des IDO Verbandes nicht glaubhaft gemacht, welche
voraussetzte, dass der IDO Verband über eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern
verfüge, die Waren gleicher oder verwandter Art, wie die abgemahnte
Unternehmerin, vertrieben. Hiergegen legte der IDO Verband unter Vorlage
vermeintlicher Mitgliederlisten und weiterer Glaubhaftmachungen Beschwerde ein.
Daraufhin erließ das Landgericht Bonn die vom IDO Verband begehrte einstweilige
Verfügung gegen die Unternehmerin. Diese legte wiederum gegen die einstweilige
Verfügung Widerspruch ein. Auf den Widerspruch der Unternehmerin hin hob das
Landgericht Bonn die vom IDO Verband aus Leverkusen erwirkte einstweilige
Verfügung auf und sprach ihm jedenfalls in diesem konkreten Fall die
Anspruchsbefugnis ab, da anzunehmen sei, dass es dem IDO Verband vorliegend
mehr um Individualinteressen ginge, als um die Interessen seiner
Mitglieder.
Hiergegen wiederum
legte der IDO Verband Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln - 6 U 93/18 -
ein. Im Rahmen der Berufung legte der IDO Verband weitere Glaubhaftmachungen –
Mitgliederlisten, Rechnungen an vermeintliche Mitglieder und Ausdrucke aus
seinem Bürosystem, dem IDO Manager - vor.
Unrichtige
Versicherung an Eides statt der Hauptgeschäftsführerin des IDO Verbandes vor
dem OLG Köln
Unter anderem legte der
IDO Verband dem Oberlandesgericht eine eidesstattliche Versicherung seiner
Hauptgeschäftsführerin vor, in welcher diese an Eides statt versicherte, dass
mehrere konkret benannte vermeintliche Mitglieder seit einem längeren Zeitraum
ununterbrochen bis kurz vor der mündlichen Verhandlung Mitglied beim IDO
Verband gewesen seien. Wie sich erst in der mündlichen Verhandlung vor dem
Oberlandesgericht Köln herausstellte, war die eidesstattliche Versicherung der
Hauptgeschäftsführerin des IDO Verbandes jedenfalls in einem Punkt falsch! Dies
ergab sich aus den Unterlagen, die der IDO Verband selbst eingereicht hatte und
wurde schließlich auch von seiner Rechtsanwältin, wie auch einer Mitarbeiterin,
die als präsente Zeugin vor Ort war, eingestanden. Denn jedenfalls ein
vermeintliches Mitglied, dass laut eidesstattlicher Versicherung angeblich seit
Jahren bis 2018 ununterbrochen Mitglied beim IDO Verband gewesen sein soll, war
bereits im Jahr 2017 aus dem IDO Verband ausgetreten! Gleichwohl hatte der IDO
Verband zuvor als Glaubhaftmachung, dass dieses Nichtmitglied sehr wohl
Mitglied sei, zusätzlich eine falsche Rechnung aus dem Jahr 2018 beigefügt, nach
welcher diesem Mitglied noch im Jahr 2018 trotz längst gekündigter
Mitgliedschaft, der Mitgliedsbeitrag in Rechnung gestellt worden sei.
Glaubhaftmachungen
des IDO Verbandes zur Aktivlegitimation erschüttert
Mit dem Nachweis, dass
die Versicherung an Eides statt der Hauptgeschäftsführerin des IDO Verbandes
objektiv falsch war und dem Eingeständnis, dass dann infolgedessen wohl auch
das Büro-Management-System – also auch die Mitgliederlisten - des IDO Verbandes
fehlerhaft war, war der gesamte Vortrag des IDO Verbandes zu seiner
vermeintlichen Aktivlegitimation erschüttert.
IDO
Verband nahm Berufung vor dem OLG Köln zurück
Wohl, um einen
Präzedenzfall bei dem OLG Köln zu vermeiden, nahm der IDO Verband daraufhin die
Berufung vor dem OLG Köln zurück, sodass das erstinstanzliche Urteil
des Landgerichts Bonn, in dem bereits die fehlende
Aktivlegitimation des IDO Verbandes festgestellt worden war, nunmehr
rechtskräftig ist.
Was
bedeutet dies nun für andere gerichtlich vom IDO Verband Inanspruchgenommene?
Wer nun vom IDO Verband
aus Leverkusen gerichtlich in Anspruch genommen wird, sollte die
Aktivlegitimation des IDO Verbandes nachhaltig bestreiten und darauf bestehen,
dass der IDO Verband nichtanonymisierte Mitgliederlisten vorlegt, die er
nachprüfen kann. Sämtliche Unterlagen, die der IDO Verband bei Gericht
einreicht, sollten bis aufs Mark auf Widersprüchlichkeiten überprüft werden.
Ein schlichter Verweis auf das o. g. rechtskräftige Urteil des LG Bonn dürfte
indes nicht ausreichen.
Was
bedeutet es für vom IDO Verband im außergerichtlichen Abmahnverfahren
Inanspruchgenommene?
Für diejenigen, die
außergerichtlich vom IDO Verband abgemahnt wurden und die Kosten geringhalten
wollen, heißt es wohl bis auf Weiteres: Einknicken und dem IDO Verband eine
strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnen. Wird nämlich keine
Unterlassungserklärung unterzeichnet, droht ein teures Gerichtsverfahren, da
der Wert des Unterlassungsanspruchs, von dem die Anwalts- und Gerichtskosten
abhängig sind, bisweilen derart hoch ist, dass erhebliche, manchmal sogar
existenzbedrohende Kosten anfallen.
Hier besteht nämlich
ein dicker Fehler im System:
Denn jedenfalls nach
einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 23.02.2017, Az. 4 W 102/16
besteht für Abgemahnte keine Möglichkeit, die Angaben des IDO Verbandes zu
seinem Mitgliederbestand, d. h. seiner Anspruchsbefugnis, außergerichtlich auf
ihre Richtigkeit zu prüfen, indem etwa eine Mitgliederliste vom Abgemahnten
angefordert werden könnte. Das OLG Hamm führt dazu nämlich in seiner Entscheidung
aus:
„Eine Obliegenheit, die einzelnen Verbandsmitglieder [z.B.
in einer Mitgliederliste] namhaft zu machen, trifft einen Verband hingegen im
Abmahnverfahren – anders als in einem ggf. nachfolgenden gerichtlichen
Verfahren – (noch) nicht.“
Vielfach dürfte jedoch zu raten sein, dem IDO
Verband nicht die geforderte Abmahnpauschale in Höhe von 232,05 Euro zu zahlen.
Ein Gerichtsverfahren mit einem Streitwert in dieser Höhe dürften sich viele
Betroffene finanziell leisten können; umgekehrt ist eine Klage auf Zahlung
dieses Betrages aufgrund des Streitwertes für die Anwälte des IDO Verbandes
nicht sehr lukrativ, soweit sie kein Stundenhonorar erhalten. Jedenfalls wurde
in der Vergangenheit in vielen Fällen von einer Klage abgesehen. Im Übrigen
wird in einem solchen Verfahren inzident die Anspruchsbefugnis des Verbandes
geprüft, wenn der Abgemahnte die fehlende Anspruchsbefugnis des IDO Verbandes
rügt. Das wird der IDO Verband möglicherweise in vielen Fällen vermeiden
wollen.
Strafrechtliche
Konsequenzen für die Geschäftsführung des IDO Verbandes?
Die Vorlage der
objektiv unrichtigen Versicherung an Eides statt vor dem Oberlandesgericht Köln
könnte die Handelnden des IDO Verbandes, welche sie abgegeben haben, strafrechtliche
Konsequenzen haben. Die vorsätzliche falsche Versicherung an Eides statt wird
nämlich mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 156
StGB. Wer die falsche Versicherung an Eides statt fahrlässig
abgibt, kommt mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe etwas
besser weg, § 161 StGB.
Update vom 14.02.2019:
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die betroffenen zwei Vertretungsberechtigten des IDO Verbandes sind inzwischen nach § 153 Abs. 1 StPO wegen "Geringfügigkeit" eingestellt worden. Weitere Strafverfahren sind hier nicht bekannt.
Update vom 21.02.2019:
Der IDO gibt nun vor, die Unternehmerin, die tatsächlich kein Mitglied beim IDO mehr war und auf die sich die seinerzeit abgegebene unrichtige Versicherung an Eides statt bezogen hatte, sei dem Verband jetzt plötzlich wieder beigetreten, weil sie "die Leistungen des IDO Verbandes" in Anspruch nehmen wollte! Hier möge sich jeder seinen Teil zu denken, weiter kommentieren wollen wir dies nicht.
Update vom 14.02.2019:
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die betroffenen zwei Vertretungsberechtigten des IDO Verbandes sind inzwischen nach § 153 Abs. 1 StPO wegen "Geringfügigkeit" eingestellt worden. Weitere Strafverfahren sind hier nicht bekannt.
Update vom 21.02.2019:
Der IDO gibt nun vor, die Unternehmerin, die tatsächlich kein Mitglied beim IDO mehr war und auf die sich die seinerzeit abgegebene unrichtige Versicherung an Eides statt bezogen hatte, sei dem Verband jetzt plötzlich wieder beigetreten, weil sie "die Leistungen des IDO Verbandes" in Anspruch nehmen wollte! Hier möge sich jeder seinen Teil zu denken, weiter kommentieren wollen wir dies nicht.