Hanseatisches
Oberlandesgericht
Az.: 3 W 38/17
327 O 18/17
LG Hamburg
Beschluss
In der Sache IDO
Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher
Online-Unter-nehmen e.V., vertreten durch den Vorstand. dieser vertreten durch
die Präsidentin Frau Helene Eibl, Gartenstraße 5; 51379 Leverkusen
- Antragsteller und
Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwälte Vorberg
& Partner, Vorsetzen 41, 20459 Hamburg, Gz.: 62/17 BS17/YW
gegen
(…)
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Christian
von der Heyden, Konstanzer Straße 6, 10707 Berlin
beschließt das
Hanseatische Oberlandesgericht 3. Zivilsenat durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht Schmidt, die Richterin am Oberlandesgericht Terschlüssen und
den Richter am Amtsgericht Sankol am 22.12.2017:
Auf die Beschwerde des
Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 5. April 2017, Az.:
327 0 18/17 abgeändert:
Dem Antragsgegner wird
Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt von der
Heyden, Konstanzer Straße 6, 10707 Berlin, zu den Bedingungen eines
ortsansässigen Anwalts gewährt.
Gründe:
Mit der vorliegenden
Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die mit Beschluss des
Landgerichts vom 5. April 2017 erfolgte Zurückweisung seines Prozesskostenhilfegesuchs
vom 6. Februar 2017.
Der Antragsgegner
bietet als gewerblicher Verkäufer unter dem Namen (…) auf der Internethandelsplattform
eBay Fahrräder, Fahrradteile und Fahrradzubehör an (Anlagen AG 1 und K 7). Der
Antragsteller, der IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting
deutscher Online-Unternehmen e. V., nimmt den Antragsgegner als Verband gemäß §
8 Abs. 3 Nr. 2 UWG auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage auf Unterlassung in
Anspruch (Anlagen K 1 bis K 6). Mit Schreiben vom 14. Dezember 2017 mahnte der
Antragsteller den Antragsgegner wegen Verstößen gegen verschiedene gesetzliche Informationspflichten,
insbesondere hinsichtlich des gesetzlichen Widerrufsrechts, ab. Für die
Abmahnung wurde eine Kostenpauschale in Höhe von 232,05 Euro geltend gemacht
(Anlage K 17). Mit Anwaltsschreiben vom 20. Dezember 2016 legitimierte sich der
Antragsgegnervertreter gegenüber dem Antragsteller - auch im Hinblick auf die
Zustellungsbevollmächtigung im Falle der Einleitung eines gerichtlichen Eilverfahrens
für den Antragsgegner und wies die geltend gemachten Ansprüche zurück. Zur
Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller schon nicht aktiv
legitimiert sei, weil nicht ersichtlich sei, dass ihm eine erhebliche Zahl
Gewerbetreibender im Bereich des Onlinevertriebs von Fahrradzubehör angehöre
(Anlage K 18). Daraufhin übersandte der Antragsteller dem
Antragsgegnervertreter eine Liste von 10 Mitgliedern, zu denen ausgeführt
wurde, dass sie Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt
vertreiben würden (Anlage K 18).
Nachfolgend erwirkte
der Antragsteller die Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 13. Januar
2017, mit welcher dem Antragsgegner bei Vermeidung der gesetzlichen
Ordnungsmittel verboten worden ist,
1. im geschäftlichen
Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz betreffend Sportzubehör Angebote
zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,
a) bezüglich derer über
das dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht wie folgt informiert wird:
aa) „Sie können Ihre
Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen unter Angabe von Gründen in Textform
(z.B. Brief, E-Mail) und/oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen
wird - durch Rücksendung der Sache widerrufen",
und/oder
bb) „Die Frist beginnt
nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware
beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor
Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten
gemäß § 312e Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB Info sowie
unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3
BGB-lnfoV.“,
und/oder
cc) „lm Falle eines
wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu
gewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben.“,
und/oder
dd) „Verpflichtungen
zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden“,
und/oder
b) bei denen eine
Widerrufsbelehrung ohne Information über das Muster-Widerrufs-Formular gemäß
dem amtlichen Muster zur Verfügung gestellt wird,
und/oder
2. im elektronischen
Geschäftsverkehr betreffend Sportzubehör Angebote zu veröffentlichen und/oder
zu unterhalten, ohne den Kunden darüber zu informieren, ob der Vertragstext
nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer selbst gespeichert wird und ob der
Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden zugänglich macht, jeweils wie
nachstehend wiedergegeben:
-
hier erfolgte im Original die Einblendung des als Anlage K 7 vorgelegten
eBay-Angebotes Antragsgegners -
Am 17. Januar 2017
wurden den Antragstellervertretern zwei Ausfertigungen der Beschlussverfügung
vom 13. Januar 2017 von Amts wegen zugestellt. Nachfolgend versuchten die
Antragstellervertreter vergeblich im Parteibetrieb die Zustellung an den
Antragsgegnervertreter zu bewirken. Am 18. Januar 2017, 9.55 Uhr, traf der
Postzusteller unter der Büroadresse des Antragsgegnervertreters niemanden an.
Am 23. Januar 2013, 11.15 Uhr, öffnete dem Postzusteller dort zwar ein Mann,
dieser erklärte aber, dass er nicht der Antragsgegnervertreter, Rechtsanwalt
von der Heyden, sei. Zudem verweigerte er die Annahme der zuzustellenden
Schriftstücke (Anlage K 29 und AG 20). '
Daraufhin bewirkten die
Antragstellervertreter am 26. Januar 2017 die Zustellung einer Ausfertigung der
Beschlussverfügung vom 13. Januar 2017 sowie einer beglaubigten Abschrift des
Verfügungsantrags vom 11. Januar 2017 nebst Anlagen bei dem Antragsgegner
persönlich (Anlage K 30). Einen Tag später, wandte sich der Antragsgegner mit
E-Mail vom 27. Januar 2017 an den Antragsgegnervertreter und teilte ihm u. a.
mit, dass er ihm die einstweilige Verfügung als Kopie per Post zusenden werde,
was nachfolgend geschah (Anlagen AG 21 und AG 22).
Mit Schriftsatz vom 6.
Februar 2017, bei Gericht eingegangen am 10. Februar 2017, legitimierte sich
der Antragsgegnervertreter schließlich zur vorliegenden Akte und stellte für
den Antragsgegner Prozesskostenhilfeantrag zur Durchführung des
Widerspruchsverfahrens, hilfsweise zur Einlegung des Kostenwiderspruchs. Zur
Begründung wurde wiederum ausgeführt, dass der Antragsteller schon nicht aktiv
legitimiert sei (Anlagen AG 4 und AG 5). Jedenfalls gehe der Verbotstenor, der
auf Angebote von „Sportzubehör“ gerichtet sei, zu weit. Der Antragsgegner sei
nicht im Vertrieb-von „Sportzubehör', sondern lediglich im Onlinehandel mit
„Fahrrädern und Fahrradzubehör" tätig. Wie eine nähere Befassung mit der
vorgelegten nicht-anonymisierten Teil-Mitgliederliste des Antragstellers
(Anlage K 8a) zeige, sei keines der dort aufgeführten 10 Mitglieder im Bereich
des Internethandels mit Fahrrädern oder Fahrradzubehör tätig (Anlagen AG 6 bis
AG 16).
Nachfolgend wurde der
Prozesskostenhilfeantrag auch darauf gestützt, dass die einstweilige Verfügung
vom 13. Januar 2017 nicht ordnungsgemäß binnen der Monatsfrist der §§ 936, 929
Abs. 2 ZPO vollzogen worden sei. Die Zustellung sei lediglich an den
Antragsgegner persönlich, nicht jedoch wie nach § 172 ZPO erforderlich - an den
Antragsgegnervertreter erfolgt, obwohl dieser bereits vor. Einleitung des
Verfügungsverfahrens, nämlich mit Schriftsatz vom 20. Dezember 20-16, angezeigt
habe, dass er zustellungsbevollmächtigt sei (Anlage AG 18).
Der Antragsgegner hat
beantragt,
1. dem Antragsgegner
Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung, hilfsweise gegen Ratenzahlung zu
bewilligen,
2. dem Antragsgegner
Rechtsanwalt von der Heyden zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts
Hamburg zugelassenen Rechtsanwalts beizuordnen,
hilfsweise
dem Antragsgegner nach
Maßgabe von 1. und 2. zur Einlegung des Kostenwiderspruchs Prozesskostenhilfe
zu bewilligen.
Der Antragsteller hat
beantragt
den
Prozesskostenhilfeantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
Der Antragsteller ist
dem Prozesskostenhilfeantrag des Antragsgegners entgegen getreten.
Im Hinblick auf seine
Aktivlegitimation hat er sich auf den bereits mit der Antragsschrift gehaltenen
Vortrag, insbesondere die dort aufgelisteten 129 gerichtlichen Entscheidungen
aus der Zeit vom 17. April 2013 bis zum 1. Juni 2016 gestützt, mit denen seine
Aktivlegitimation bejaht worden sei. Zudem hat er im Hinblick auf seine Aktivlegitimation
weiteren Vortrag zur geschäftlichen Tätigkeit derjenigen seiner Mitglieder
gehalten, die auf der nicht-anonymisierten Teil-Mitgliederliste (Anlage K 8a)
aufgeführt waren. insbesondere hat er ausgeführt, dass diese sämtlich im
Bereich des Vertriebs von Sportzubehör tätig seien. Zum Beleg dieses Vortrags
hat er entsprechende Ausdrucke des jeweiligen Internetauftritts der genannten
Mitglieder zur Akte gereicht (Anlagen K 21 bis K 24). Darüber hinaus hat er als
Anlage K 25 die nicht (mehr) anonymisierte Fassung der bereits als Anlage K 8
vorgelegten Mitgliederliste zur Akte gereicht und zum Tätigkeitsbereich der
dort aufgeführten Mitglieder weiteren Vortrag gehalten. Auch zum Beleg dieses
Vortrags hat er entsprechende Ausdrucke des jeweiligen Auftritts der genannten
Mitglieder zur Akte gereicht (Anlagenkonvolute K 26 und K 27).
Er hat weiter
ausgeführt, dass es vorliegend - entgegen der Ansicht des Antragsgegners –
nicht nur auf den engen Branchenbereich des Onlinevertriebs von Fahrräder bzw.
Fahrradzubehör, sondern auf den darüber hinausgehenden Bereich des
Onlinevertriebs von Sportzubehör ankomme. Denn es sei nicht nur auf den
Vertrieb von Waren gleicher Art, sondern auch auf den Vertrieb von Waren
verwandter Art abzustellen.
Die Beschlussverfügung
vom 13. Januar 2017 sei auch ordnungsgemäß, insbesondere fristgerecht,
vollzogen worden. Ein etwaiger Zustellungsmangel sei jedenfalls nach § 189 ZPO
geheilt denn - unstreitig - habe der Antragsgegner dem Antragsgegnervertreter
binnen der Monatsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO eine Kopie der an ihn
zugestellten Ausfertigung der Belschussverfügung vom 13. Januar 2017
übermittelt.
Mit Beschluss vom 5.
April 2017, dem Antragsgegnervertreter laut Empfangsbekenntnis zugestellt am
28. April 2017, hat das Landgericht den Prozesskostenhilfeantrag des
Antragsgegners zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die
Vollziehungsfrist der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO gewahrt sei. Ein etwaiger
Zustellungsmangel, der darin bestehen könne. dass die einstweilige Verfügung
entgegen § 172 ZPO nicht dem Antragsgegnervertreter, sondern dem Antragsgegner
persönlich zugestellt worden, sei jedenfalls gemäß § 189 ZPO geheilt worden
denn der Antragsgegner habe seinem Prozessbevollmächtigten innerhalb der
Vollziehungsfrist eine Kopie des ihm zugestellten Schriftstücke übersandt. Der
Antragsteller sei zudem prozessführungsbefugt und aktiv legitimiert gemäß § 8
Abs. 3 Nr. 2 UWG. Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass der Verbotstenor
nicht zu weit gefasst sei. Zwar werde darin zunächst der Oberbegriff
„Sportzubehör“ verwendet. Im Anschluss daran werde jedoch die konkrete Verletzungsform
eingeblendet, so dass sich der Verbotsumfang auf eben diese konkrete
Verletzungsform sowie Kern gleiche Verstöße beschränke.
Gegen die Zurückweisung
des Prozesskostenhilfegesuchs richtet sich der Antragsgegner mit seiner
sofortigen Beschwerde vom 8. Mai 2017. Zur Begründung führt er ergänzend aus,
dass der Antragsteller nicht über die im Hinblick auf § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG_
erforderliche finanzielle, personelle und sachliche Ausstattung verfüge.
Diesbezüglich hält er weiteren Vortrag, insbesondere im Hinblick auf eine
mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter des Antragstellers (Anlagen AG 24 bis
AG 27). Er nimmt weiterhin in Abrede, dass die vom Antragsteiler aufgeführten
Mitglieds-Unternehmen in Wettbewerb zu ihm stünden. Er handele lediglich mit
gebrauchten Fahrradkorntonenten (Anlage AG 28), nicht jedoch - wie die vom
Antragsteller aufgelisteten Unternehmen - mit Fahrradträgern für
Kraftfahrzeuge, Fahrradhelmen, Fahrradhandschuhen, Luftpumpen, Bekleidung,
Fitnessarmbändern, Boxhandschuhen, Taucherflossen, Angelzubehör oder
Sonnenbrillen.
Der Antragsteller
beantragt demgegenüber die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des
Antragsgegners.
Er hält weiteren
Vortrag zu seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung. Zur
Glaubhaftmachung beruft er sich auf die eidesstattliche Versicherung seiner
Geschäftsführerin vom 31. Mai 2017 und legt weitere gerichtliche Entscheidungen
vor, mit denen seine Aktivlegitimation bestätigt worden sei (Anlagen K 32 bis K
49).
Mit Beschluss vom 9.
Juni 2017 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners
gegen den zurückweisenden Prozesskostenhilfebeschluss vom 5. April 2017 nicht
abgeholfen.
Hinsichtlich der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene
Entscheidung sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
B.
Die sofortige
Beschwerde des Antragsgegners gegen den zurückweisenden
Prozesskostenhilfe-beschloss des Landgerichts vom 5, April 2017 ist zulässig
und begründet.
l.
Die Rechtsverteidigung
des Antragsgegners hat nach dem gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits
hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn dem beabsichtigten Widerspruch des
Antragsgegners kommen gute Erfolgsaussichten zu (§ 114 Abs. 1 ZPO).
Die Beschlussverfügung
vom 13. Januar 2017 ist nicht binnen der Monatsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO
vollzogen worden und wird daher voraussichtlich aufzuheben sein. Die am 26.
Januar 2017 an den Antragsgegner persönlich erfolgte Zustellung im
Parteibetrieb ist gemäß §§ 172 Abs. 1 S. 1, 191 ZPO unwirksam, da nicht der
Antragsgegner, sondern sein Prozessbevollmächtigter richtiger
Zustellungsadressat gewesen wäre. Die fehlerhafte Zustellung ist auch nicht
gemäß § 189 geheilt.
1.
Die Vollziehungsfrist
beträgt gemäß § 929 Abs. 2 ZPO einen Monat seit dem Tag, an dem die
Beschlussverfügung der Antragstellerseite zugestellt worden [ist]. Der Tag des
Fristablaufs ist anhand der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, Abs. 3 BGB zu berechnen
(MüKo/Drescher, ZPO, 5. Auflage, 2016, § 929 Rn. 8; Zöller/Vollkommer, 32. Auflage, 2018, § 929 Rn. 8).
Die Beschlussverfügung
ist den Antragstellervertretern am 17. Januar 2017 von Amts wegen zu gestellt
worden, so dass die Monatsfrist der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO am 17. Februar 2017
abgelaufen ist. Da sich der Antragsgegnervertreter bereits mit Schreiben vom
20. Dezember 2016, d. h. vor Einleitung des vorliegenden Verfügungsverfahrens
und Erlass der einstweiligen Verfügung vom 13. Januar 2017, gegenüber den
Antragstellervertretern legitimiert und gleichzeitig mitgeteilt hatte, dass er
auch im Hinblick auf ein etwaiges gerichtliches Eilverfahren
zustellungsbevollmächtigt sei (Anlage AG 18), hätte die Zustellung der
Beschlussverfügung vom 13. Januar 2017 bis zum 17. Februar 2017 im Parteibetrieb
gemäß § 172 ZPO an den Antragsgegnervertreter erfolgen müssen.
Die Versuche, die
Zustellung an den Antragsgegnervertreter zu bewirken, sind jedoch sowohl am 18.
Januar 2017 als auch am 23. Januar 2017 gescheitert. Nachfolgend ist dann dem
Antragsgegner persönlich am 26. Januar 2017 eine Ausfertigung der
Beschlussverfügung vom 13. Januar 2017 sowie eine beglaubigte Abschrift der
Antragsschrift vom 11. Januar 2017 zugestellt worden (Anlagen K 29 und K 30). Insoweit
liegt ein Verstoß gegen § 172 ZPO und damit ein Zustellungsmangel vor.
2.
Entgegen dem
Landgericht ist jedoch nicht davon auszugehen, dass eine Heilung des
Zustellungsmangels nach § 189 ZPO erfolgt wäre. Die Beweislast für das
Vorliegen der Heilungsvoraussetzungen trifft nach allgemeinen Grundsätzen
diejenige Partei, die sich auf die Heilung der unwirksamen Zustellung beruft,
hier also der Antragsteller. Das Gericht entscheidet hierüber nach freier
Beweiswürdigung i. S. v. § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. Fölsch, Anm. zu BGH, NJW 2015,
1760).
Zwar kommt eine Heilung
gemäß § 189 ZPO grundsätzlich auch in Bezug auf die Wirksamkeitszustellung von
Beschlussverfügungen nach §§ 922 Abs. 2, 936 ZPO in Betracht (Retzer in: Harte/Henning,
UWG, 4. Auflage, 2016, § 12 Rn. 537; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Auflage, 2018,
§ 929 Rn. 14). Nach § 189 ZPO gilt die Zustellung zudem in dem Moment als
bewirkt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß
gerichtet war oder gerichtet werden konnte, „tatsächlich" zugegangen ist.
Die Heilungswirkung tritt dann kraft Gesetzes ein. Vorliegend fehlt es jedoch
an den tatbestandlichen Voraussetzungen der Heilung gemäß § 189 ZPO.
a)
Eine Heilung durch den
tatsächlichen Zugang des Schriftstücks i. S. d. § 189 ZPO setzt voraus, dass
das Schriftstück so in den Machtbereich des Adressaten gelangt, dass er es
behalten kann und Gelegenheit zur Kenntnisnahme von dessen Inhalt hat (BGH, NJW
2001, 1946, 1947; BGH, NJW 1978, 426). Der Empfänger eines zuzustellenden
Schriftstücks soll in die Lage versetzt werden, seine Rechte zu wahren, ihm
soll rechtliches Gehör gewährt werden. Zweck der Zustellung ist es daher, dem Empfänger
eine zuverlässige Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück zu verschaffen
(BGH, NJW 2017, 2472, Rn. 38; BGH, NJW 2001, 1946, 1947; BGH, NJW 1992, 2280;
BGH, NJW 1989, 1154). Deshalb besteht nach § 166 Abs. 1 ZPO die Zustellung
grundsätzlich in einer Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den
richtigen Adressaten.
Da die
Zustellungsvorschriften jedoch nicht Selbstzweck sind, verlieren sie an
Bedeutung, wenn ihre Funktion auf andere Weise erreicht ist, wenn dem Empfänger
mithin eine zuverlässige Kenntnis von dem zuzuteilenden Schriftstück vermittelt
wurde. Das ist im Allgemeinen dann geschehen, wenn das Schriftstück -trotz
einer Verletzung der Zustellungsvorschriften - dem richtigen Adressaten
tatsächlich zugegangen ist (BVerfG, NJW 2017, 318, Rn. 20; BGH, NJW-RR 2011,
417, Rn. 12f.; BGH, NJW-RR 2011, 1011, Rn. 11; BGH, NJW 2001, 1946, 1948; BGH,
NJW 1989, 1154; BGH, NJW 1984, 926, 927). Bei der Auslegung von § 189 ZPO ist
nämlich zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung von § 189
ZPO durch das Zustellungsreformgesetz (ZustRG) u. a. erreichen wollte, dass
Zustellungsmängel, sofern überhaupt eine Zustellungsabsicht vorliegt,
unbeachtlich bleiben sollten, wenn der Zustellungszweck, der darin besteht, dem
Adressaten angemessene Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstückes zu
verschaffen und den Zeitpunkt dieser Bekanntgabe zu dokumentieren, erreicht ist
(BGH, NJW 2017, 2472, Rn. 38; vgl. auch Bundestagsdrucksache 14/4554, S. 14).
Der BGH hat daher in
verschiedenen Fällen einen Zustellungsmangel gemäß § 189 ZPO bzw. § 187 ZPO a.
F. als geheilt angesehen, obwohl die maßgeblichen Schriftstücke dort nicht an
den nach den §§ 166 ff. ZPO eigentlich zu wählenden Adressaten, sondern
zunächst an einen Dritten zugestellt worden waren.
So ist eine Heilung
nach § 187 ZPO a. F. und damit auch ein entsprechender Zustellungswille für den
Fall bejaht worden, dass die Klage -wie vorliegend - entgegen § 172 Abs. 1 ZPO
nicht an den Prozessbevollmächtigten, sondern an die Partei selbst zugestellt
wurde, die an die Partei zugestellte Klageschrift aber nachfolgend in den
Besitz der Prozessbevollmächtigten gelangt ist (BGH, NJW 1983, 2448, ll. 1.b)).
Ebenso ist eine Heilung nach § 189 ZPO bzw. § 187 ZPO a. F. für den Fall
angenommen worden, dass ein Rechtsanwalt erst durch spätere Bevollmächtigung
zum Prozessbeteiligten einer Partei geworden ist, er jedoch bereits zuvor oder
zeitgleich mit der Bevollmächtigung in den Besitz des zuzustellenden
Schriftstücks gelangt war (BGH, NJW-RR 2011, 417, Rn. 12, zu § 189 ZPO; BGH,
NJW 1989, 1154, li. 3. a), zu § 187 ZPO a._F.). Auch hat der BGH entschieden,
dass die Unwirksamkeit der Zustellung an eine prozessunfähige Person (§ 170
Abs. 1 S. 2 ZPO) gemäß § 189 ZPO dadurch geheilt wird, dass das zuzustellende Schriftstück
deren gesetzlichem Vertreter tatsächlich zugeht, sofern die Zustellung nach den
gesetzlichen Bestimmungen an diesen hätte gerichtet werden können oder gar
müssen (BGH, NJW 2015, 1760, Rn. 15). Schließlich hat der BGH eine Heilung nach
§ 189 ZPO auch bejaht im Falle einer Adressierung des Dokuments an den
Schuldner im Ausland und einem Zugang bei dessen (General-)Bevollmächtigtem in
Deutschland (BGH, BeckRS 2011, 27449, Rn. 8).
All diesen
Fallkonstellationen ist gemein, dass eine (gesetzliche oder gewillkürte)
Vertretung. gegeben war und das zuzustellende Schriftstück entweder an den
Vertretenen oder den Vertreter zugestellt wurde und dem jeweils anderen (dem
Vertreter oder dem Vertretenen) tatsächlich zuging. Eine Heilung nach § 189 ZPO
tritt dort im Hinblick auf die zunächst erfolgte Zustellung an die „falsche“
Person deshalb ein, weil sich bereits aus dem Gesetz selbst (§§ 170 - 172 ZPO)
ergibt, dass die Zustellung an den Empfänger des Dokuments gerichtet werden
konnte (vgl. BGH, NJW 2017, 2472, Rn. 47).
Leitet also die Partei,
der das Schriftstück entgegen §§ 172, 191 ZPO direkt zugestellt worden ist, das
Dokument an ihren Prozessbevollmächtigten weiter, kommt eine Heilung gemäß §
189 ZPO in Betracht. Tatsächlich zugegangen ist dem Prozessbevollmächtigten das
Schriftstück in einem solchen Fall unzweifelhaft, wenn ihm von seiner Partei
das dieser selbst zugestellte - also das
nämliche - Schriftstück zugeleitet wird.
b)
Vorliegend hat der
Antragsgegner dem Antragsgegnervertreter binnen der Monatsfrist jedoch -
unstreitig - nicht das ihm zugestellte Schriftstück selbst, sondern lediglich
eine einfache Kopie der zugestellten Ausfertigung der Beschussverfügung vom 13.
Januar 2017 übersandt. Das vermag die Heilung des Mangels des Zustellvorgangs,
also der Zustellung des Schriftstücks an den' falschen Zustellempfänger, nicht
zu begründen. Dem steht auch die vom Landgericht angeführte BGH-Rechtsprechung
nicht entgegen.
aa) .
Eine Heilung durch den
tatsächlichen Zugang im Sinne von § 189 ZPO setzt voraus, dass das
zuzustellende Schriftstück so in den Machtbereich des - richtigen - Adressaten
gelangt, dass er es behalten kann und Gelegenheit zur Kenntnisnahme hat (BGH
NJW 2001, 1946, 1947).
Ob der Mangel des
Zustellvorgangs überhaupt nach § 189 ZPO geheilt werden kann, wenn der richtige
Zustellempfänger nicht das dem falschen Empfänger zugestellte Schriftstück
selbst, sondern nur eine Kopie davon, also etwa in der Form eines Telefaxes
oder einer E-Mail, erhält, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Teils wird eine solche
Möglichkeit bejaht (so OLG Braunschweig, WRP 1995, 952; KG, Beschl.v.
05.09.2005, 12 U 95/05, KGR 2006, 5; Beschluss. v. 31.01.2011, WRP 2011, 612;
OLG Frankfurt, BeckRS 2017, 102284, Rn. 15 f.; MüK0/Häublein, ZPO, 5, Auflage,
2016, § 189 Rn. 9; Cepl/Voß/Matthes, Prozesskommentar zum gewerblichen
Rechtsschutz, 2. Auflage, 2018, § 189 Rn. 8; Kühnen, Handbuch der
Patentverletzung, 9.Auflage, 2016, Kap. G, Rn. 179; Baumbach/Lauterbach/Albers/
Hartmann, ZPO, 76. Auflage, 2018, § 189 Rn. 9, Stichwort „Prozessbevollmächtigter“
betreffend die Übermittlung einer Kopie, a. A. Rn. 6, Stichwort „Fax“
betreffend die Übermittlung per Telefax).
Demgegenüber wird die
Ansicht vertreten, dass der Zugang eines inhaltsgleichen Dokuments (als Fotokopie
per Telefax oder per E-Mail) nicht ausreichend ist, sondern dass Wesentliches
und unverzichtbares Erfordernis einer Heilung ist, dass der Adressat der
einstweiligen _Verfügung das Dokument auch tatsächlich erhält, mithin „es in
die Hand bekommt" " (BGH, 15.03.2007, 5 StR 536/06', NJW 2007, 1605,
1606, juris Rn. 14; BFH, 06.05.2014, GrS 2/13, NJW 2014, 2524, Rn. 68; BGH,
NJW-RR 2011, 1011, Rn. 11; OLG München, WRP 2017. 1538, Rn. 34; OLG Jena, MD
2011, 755; OLG Hamburg, PhamaR 2007, 50, 54; OLG Zweibrücken, FamRZ 2006, 128;
OLG Karlsruhe, DGVZ 2014, 127, 129; OLG Karlsruhe, BeckRS 2004, 09651; BayObLGZ
1995, 61, 72 und OLG Hamm, OLGZ 1991, 450 f.; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Auflage,
2018, § 189 Rn. 4; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, 2005, § 189 Rn. 7; MüKO/Schlingloff,
UWG, 2. Auflage, 2014, § 12 Rn. 514).
bb)
Der Senat vertritt seit
langem die letztgenannte Ansicht und hält daran - auch bei Berücksichtigung der
vom Landgericht aufgeführten neueren BGH-Rechtsprechung – fest.
(1)
Für diese Ansicht spricht
bereits der Wortlaut von § 189 ZPO. Heilungsvoraussetzung ist danach der
„tatsächliche" Zugang des zuzustellenden Schriftstücks. Die ausdrückliche
Verwendung des Wortes „tatsächlich“ im Gesetzestext spricht dafür, dass das
zuzustellende Dokument auf eine bestimmte Weise, nämlich wirklich „in die
Hände" des richtigen Zustellungsempfängers gelangen soll. Der Umstand,
dass der Prozessbevollmächtigte als richtiger Zustellungsadressat irgendeine
Verkörperung des zuzustellenden Dokuments übermittelt erhält, reicht für eine
Heilung nicht aus, denn hierdurch wird die Authentizität des zuzustellenden
Schriftstückes nicht gewahrt. Die gegenteilige Auffassung findet in Wortlaut
und Gesetzesbegründung zu § 189 ZPO keine Stütze (OLG München, WRP 2017, 1538,
juris Rn. 34 m. w. N.: vgl. auch BGH, NJW 1992, 2099, 2100). Der
Prozessbevollmächtigte kann der übersandten Kopie nicht hinreichend entnehmen,
inwieweit sie mit dem zugestellten „Original“ übereinstimmt. Mit der
Übermittlung einer bloßen Kopie des zugestellten Dokuments wird bestenfalls die
Unkenntnis vom Inhalt der Beschlussverfügung beseitigt. Prüfungsmöglichkeiten,
ob das Schriftstück authentisch und die Vollziehung im Übrigen in Ordnung ist,
werden dem Prozessbevollmächtigten als dem richtigen Zustellungsempfänger damit
jedoch nicht eingeräumt (OLG Hamm, OLGZ 1991, 450,451)
(2l
Soweit die gegenteilige
Ansicht auf die in § 174 Abs. 2 ZPO (Zustellung durch Telekopie) und § 174 Abs.
3 Satz 1 ZPO (Zustellung als elektronisches Dokument) für die Amtszustellung vorgesehenen
Zustellungsmöglichkeiten Bezug nimmt (vgl. MüKo/Häublein, ZPO, 5. Auflage,
2016, § 189 Rn. 9), ist dem keine Wertung des Gesetzgebers zu entnehmen, weiche
eine Ausdehnung der Heilungsmöglichkeiten über den Wortlaut des § 189 ZPO
hinaus rechtfertigen könnte. Dies jedenfalls nicht für den vorliegend in Rede
stehenden Fall der Zustellung an eine Partei als den falschen
Zustellungsempfänger, denn die Vorschriften setzen ebenso wie die Regelungen
über die Parteizustellung (§§ 192, 195 ZPO), die § 174 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3
Satz 1 und 3 ZPO entsprechend für anwendbar erklären, voraus, dass die
Zustellung durch Telekopie oder als elektronisches Dokument durch einen dazu
berechtigten Rechtsanwalt an den richtigen Zustelladressaten, nämlich ebenfalls
einen Rechtsanwalt, erfolgt; Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass
jedwede Übermittlung eines inhaltsgleichen Dokuments als Telefax oder als
E-Mail für eine Heilung gemäß § 189 ZPO als ausreichend anzusehen ist, auch
wenn die für die Wirksamkeit dieser Zustellarten erforderlichen weiteren
Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben sind (OLG München, BeckRS 2017,
129454, Rn. 34).
(3)
Etwas anderes folgt
auch nicht aus der vom Landgericht angeführten neueren Rechtsprechung des BGH,
nach der auch ein bisher als unheilbar geltender Mangel des Schriftstücks
selbst (vgl. Retzer in: Harte/Henning, 4. Auflage, 2016, § I1 2 Rn. 539;
Zöller/Schultzky„32. Auflage, 2018, § 189 Rn. 8; MüKo/HäubIein, ZPO, 5. Auflage,
2016, § 189 Rn. 7; a. A. Musielak/Voit, ZPO, 14.Auflage, 2017, § 189 Rn. 2) als
nach § 189 ZPO heilbarer Mangel des Zustellvorgangs (Vgl. Zöller/Schultzky,
ZPO, 32. Auflage, 2018, § 189 ZPO, Rn. 9) angesehen worden ist (BGH, NJW 2016,
1517, Rn. 20 ff.; BGH, BeckRS 2016, 15401, Rn. 14 ff.; BGH, BeckRS 2016, 12733,
Rn. 17).
im Streitfall geht es
nämlich nicht darum, dass dem richtigen Zustellempfänger das zuzustellende
Schriftstück in mangelhafter Form, also etwa in einfacher statt in beglaubigter
Abschrift, von einem zur Zustellung Berechtigten zugestellt worden ist. Ob die
angeführte Rechtsprechung auch für die Parteizustellung vom Gerichtsvollzieher
an die - nicht anwaltlich vertretenen - Partei oder die Parteizustellung von
Anwalt zu Anwalt Gültigkeit beanspruchen kann, muss deshalb nicht entschieden
werden.
Vielmehr geht es im
Streitfall darum, dass der falsche Zustellempfänger, hier also die Partei, eine
einfache Abschrift/Kopie von dem ihr zugestellten Schriftstück - und damit ein
mangelbehaftetes Schriftstück – selbst hergestellt und an den richtigen
Zustellempfänger weitergeleitet hat. Ein solcher Vorgang kann keinesfalls eine
Heilung nach § 189 ZPO bewirken.
Beschlussverfügungen
sind gemäß §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO im Parteibetrieb zuzustellen, damit sie
überhaupt Wirksamkeit erlangen. Die Wirksamkeitszustellung gemäß § 922 Abs. 2
ZPO stellt in der Regel zugleich die Vollziehungszustellung im Sinne des § 929
Abs. 2 ZPO dar (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Auflage,
2016, Kap. 55 Rn. 37 ff.). Der Gläubiger
macht mit der Zustellung der Beschlussverfügung im Parteibetrieb deutlich, dass
er von dem Titel Gebrauch machen will. Mit der Zustellung der
Beschlussverfügung an den Schuldner schafft er einerseits eine wesentliche
Voraussetzung dafür, das erlassene gerichtliche Verbot mithilfe der gesetzlich
vorgesehenen Ordnungsmittel durchzusetzen. Andererseits kann der mit der
Zustellung verbundene Vollstreckungsdruck auf den Schuldner gemäß § 945 ZPO
auch Schadensersatzpflichten des Gläubigers auslösen.
Schon im Hinblick auf
diese Besonderheiten des Verfügungsverfahrens, insbesondere die Rechtsfolgen
der Parteizustellung, muss eindeutige Gewissheit über die Authentizität des
Titels und über den Umstand seiner wirksamen Vollziehung bestehen. Eine
Ungewissheit oder Unklarheit über Authentizität des Titels und die Wirksamkeit
seiner fristgerechten Vollziehung ist zu vermeiden. Das ist gerade der
Hintergrund der hier vertretenen Auffassung, nach der eine Heilung des
Zustellvorganges nur durch eine Weiterleitung des dem falschen Zustellempfänger
zugestellten Schrittstücks selbst an den richtigen Zustellempfänger
erforderlich ist. Die Authentizität der von Antragstellerseite im Parteibetrieb
zugeteilten Beschlussverfügung ist anhand der vom falschen Zustellempfänger
selbst hergestellten und als solche übermittelten Kopie eines ihm zugestellten
Verfügungstitels nicht hinreichend überprüfbar. Er bietet jedenfalls nicht die
gleiche Gewähr für die inhaltliche Übereinstimmung des bloß in Kopie
weitergeleiteten Titels mit der ihm vom Antragstellervertreter zugestellten
Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des Titels wie dies bei einer
Zustellung des Titels durch einen Rechtsanwalt grundsätzlich ebenso der Fall
ist wie bei einer Amtszustellung. Selbst wenn mit Blick auf die vom Landgericht
angeführte neuere Rechtsprechung des BGH anzunehmen wäre, dass der Mangel des
von einem Rechtsanwalt im Wege der Parteizustellung an den richtigen
Zustellempfänger zugestellten Schriftstücks (z. B. Zustellung einer einfachen
statt einer beglaubigten Abschrift) bei inhaltlicher Übereinstimmung zwischen
der zugestellten einfachen Abschrift und dem dem Antragsteller zugestellten
Original des gerichtlichen Titels nach § 189 ZPO geheilt werden könnte, kann
dies deshalb keinesfalls für Fälle der streitigen Art gelten, in denen die für
die Zustellung nicht Empfangsberechtigte und zur eigenen Zustellung nicht
autorisierte Partei eine solche einfache Abschrift selbst herstellt und
weiterleitet.
Eine Heilung gemäß §
189 ZPO kommt daher nicht in Betracht.
3.
Das wird nach dem
gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits voraussichtlich dazu führen, dass die
Beschlussverfügung vom 13. Januar 2017 auf den Widerspruch des Antragsgegners
mangels ordnungsgemäßer Vollziehung aufzuheben sein wird. Mithin kommen der
Rechtsverteidigung des Antragsgegners, ohne dass es noch darauf ankäme. ob das
im Hinblick auf „Sportzubehör" erlassene Verbot zu weit gefasst ist, und
ob der Antragsteller gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktiv legitimiert ist, gute
Erfolgsaussichten i. S. v. § 114 Abs. 1 ZPO zu.
II.
Der Antragsgegner ist
zudem nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der
Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§§ 114, 115 ZPO). Somit ist
der ablehnende Beschluss des Landgerichts vom 5. April 2017 abzuändern und dem
Antragsgegner Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Widerspruchs zu gewähren.