Das Landgericht Koblenz hat mit Urteil vom 18.04.2017 entschieden, dass dem IDO Verband die Aktivlegitimation - d. h. die wettbewerbsrechtliche Anspruchsbefugnis - in der Lebensmittelbranche jedenfalls betreffend "Knabberzeug" wie Chips fehlt und dem Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung stattgegeben.
Was war passiert?
Der IDO Verband hatte eine Abmahnung gegen einen eBay-Händler ausgesprochen, weil er ihm vorgeworfen hatte, nicht über das gesetzliche Widerrufsrecht zu belehren, nicht das vorgeschriebene Musterwiderrufsformular zu verwenden, nicht über das gesetzliche Mängelhaft zu belehren und auch nicht mitzuteilen, ob der Vertragstext gespeichert wird und dem Kunden nach Vertragsschluss zugänglich gemacht wird. Wir hatten außergerichtlich um Übersendung einer Mitgliederliste gebeten und die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung für den Fall angekündigt, dass sich daraus ergäbe, dass dem IDO Verband eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern aus derselben oder einer artverwandten Branche wie derjenigen, des Abgemahnten angehörten. Denn das ist Voraussetzung dafür, dass der IDO Verband überhaupt abmahnen darf. Der IDO Verband übersandte uns daraufhin eine sehr spärliche Mitgliederliste, die uns nicht ausreichte. Enthalten waren zwar einige wenige Unternehmen, welche ähnliche Produkte, wie der Abgemahnte, vertrieben. Eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG war dies nach unserer Auffassung nicht, sodass wir dazu rieten, keine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Daraufhin beantragte der IDO Verband bei dem Landgericht Koblenz den Erlass einer einstweiligen Verfügung, welche zunächst antragsgemäß erlassen wurde.
Widerspruch und Aufhebung der einstweiligen Verfügung
Hiergegen legte der Abgemahnte Widerspruch ein und machte glaubhaft, dass dem IDO Verband keine bedeutende Anzahl von Mitgliedern angehörte. Dabei stellte sich auch heraus, dass von den vermeintlichen Mitgliedern des IDO Verbandes aus der gerichtlich vorgelegten Mitgliederliste "Lebensmittel" mehrere Mitglieder gar keine Lebensmittel vertrieben und mindestens zwei Mitglieder gar nicht mehr aktiv zu sein schienen, weil deren Internetseiten offline waren. Für uns ist jetzt verständlich, weshalb der IDO Verband sich hartnäckig weigert, außergerichtlich Mitgliederlisten vorzulegen (was er nach einer Entscheidung des OLG Hamm auch inzwischen bedauerlicherweise nicht mehr muss) und in gerichtlichen Verfahren den Gerichten in der Regel zunächst nur nichtssagende anonymisierte Mitgliederlisten vorlegt.
Auf den Widerspruch des Abgemahnten hob das LG Koblenz die einstweilige Verfügung auf und belastete den IDO Verband vollumfänglich mit den Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der den unterliegenden IDO Verband vertretende Rechtsanwalt Danjel-Philippe Newerla kündigte bereits Berufung an.
Landgericht Berlin geht soger von vollständigem Fehlen der Anspruchsbefugnis des IDO aus
Ob die Berufung des IDO Verbandes erfolgreich sein wird, ist äußerst fraglich. Denn das Landgericht Berlin ging mit Urteil vom 04.04.2017 sogar vom Fehlen der Anspruchsbefugnis des IDO Verbandes in sämtlichen Branchen aus. Insoweit fehle es ihm an fachlich kompetenten Personal, die satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen. Auch dieses Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.