Landgericht Essen
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer:
41 O 132/14
Verkündet
am: 05.11.2014
dem Rechtsstreit
der ...,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwälte von Saldern, Leibnizstr. 57,
10629 Berlin (Rechtsanwalt von der
Heyden)
gegen
…,
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte:
…
hat die 1. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Essen auf die mündliche Verhandlung vom
05.11.2014
durch die Vorsitzende
Richterin am Landgericht Pohlmann
und die Handelsrichter
Schmoley und Tuncay
für Recht erkannt:
1
.
Der
Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft
bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle
Ordnungshaft bis zu 2 Jahren,
zukünftig
zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr beim Ankauf von Edelmetallen zu
Zwecken des Wettbewerbs:
a) die Domain
www.bio-goldankauf.de und/oder
b) die Marke
zu
verwenden;
c) im Zusammenhang mit der Marke oder
Domain Bio-goldankauf.de den
Zusatz
,,seit 1997“ zu führen;
d) wort- oder inhaltsgleich zu werben:
,, ……. …… betreibt bio-goldankauf.de bereits seit 1997 und kann
auf
langjährige Erfahrung im Goldankauf und der Edelmetallbestimmung zurückblicken“;
e) in seiner Anbieterkennzeichnung wie
nachfolgend wiedergegeben aufzutreten:
"Inhaber ……. …… (Einzelfirma)“.
2.
Der
Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 1.531 ,90 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2013 zu
zahlen.
Der
Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Kosten und des
Zahlungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung von
25.000,00
€ für die Verurteilung zu 1 a) und 1 b),
15.000,00
€ für die Verurteilung zu 1 c) und 1 d),
10.000,00
€ für die Verurteilung zu 1 e).
Streitwert: 50.000,00 Euro.
Tatbestand:
Die Parteien sind im Goldankauf tätig. Sie streiten über
die Lauterkeit der geschäftlichen Handlungen des Beklagten.
Der Beklagte betreibt eine Internetseite unter der Domain "www.bio-goldankauf.de“.
Auf seiner Internetseite beschreibt der Beklagte, was mit
dem von den Kunden bei ihm eingelieferten Material passiert. Laut dieser Beschreibung
unterzieht der Beklagte den Schmuck einer chemisch-technischen Analyse und der
sog. Röntgenfluoreszenzenzanalyse (RFA). Bei diesen Analysen werden chemische
Substanzen wie Salpetersäure und Salzsäure sowie Röntgenstrahlung freigesetzt.
Unter Punkt 4 der Vorgangserklärung heißt es ,,Nun gehen die angekauften
Edelmetalle in ein energieintensives Recycling. Hier steht für uns und unsere
Partner aber Umweltschutz und Nachhaltigkeit, also die optimale Goldausbeute an
erster Stelle - "deshalb auch Bio-Goldankauf.de“, so ……“.
Der Beklagte verwendet außerdem die Wort-Bildmarke
,,Bio-Goldankauf“, wobei in der Bildform das Wort "bio“ senkrecht zum "g“ des
Wortes Goldankauf steht und sich über dem ,,kau“ des Wortes Goldankauf in
kleiner Schrift die Worte ,,seit 1997“ befinden. Zur Veranschaulichung wird
Bezug genommen auf den Auszug des Registers des Deutschen Patent- und
Markenamtes auf Blatt 11 der Gerichtsakte.
Auf seiner Startseite im Internet schreibt der Beklagte
,,……. …… betreibt bio-goldankauf.de
bereits seit 1997 und kann auf langjährige Erfahrung im Goldankauf und der
Edelmetallbestimmung zurückblicken“. Ausweislich des Registerauszuges wurde die
Wort-Bildmarke des Beklagten hier am 11.02.2012 angemeldet und am 17.04.2012
eingetragen.
Auf dem Kontaktteil der Internetseite des Beklagten heißt
es unter der Überschrift Rechtliches: ,,Inhaber und inhaltlich verantwortlich: ……. …… (Einzelfirma)“.
Mit Schreiben vom 21.11.2013 mahnte die Klägerin den Beklagten, zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten, wegen Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unter Fristsetzung bis zum 28.11.2013 ab. Die Kosten dieser Abmahnung berechnete die Klägerin mit 1.511, 90 €.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Domain und Marke
,,Bio-Goldankauf“ sei unlauter im Sinne des § 3 UWG. Der Verbraucher verbinde
mit dem Wort ,,Bio" einen hohen Qualitätsstandard und Umweltbewusstsein.
Dies sei bei den von dem Beklagten genutzten Analyseverfahren nicht gegeben. Zumindest
sei der Beklagte rechtlich verpflichtet, anzugeben, worin seine Bio-Eigenschaft
bestehe.
Auch der Zusatz ,,seit 1997“ in der Wort-Bildmarke führe
den Verbraucher in die Irre. Immerhin entstehe hierdurch beim Verbraucher der
Eindruck, der Beklagte sei seit diesem Zeitpunkt im Goldankauf tätig. Dass der
Beklagte - wie von ihm vorgetragen - bereits seit 1997 nebenbei mit Gold
handele, bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen. Aus der Gewerbe-Ummeldung vom
07.11.1997 (Blatt 60 der Gerichtsakte) gehe dies jedenfalls nicht hervor. Auch
bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass der Beklagte seit 1997 mit
Bio-Goldankauf firmiere oder diese Geschäftsbezeichnung verwende. Jedenfalls
betreibe er nicht schon seit 1997 den Online-Goldankauf. Eine eventuelle bildliche
Abgrenzung des Zusatzes ,,seit 1997“ zum ,,.de“ in der Wort-Bildmarke
verhindere nicht die irrige Annahme über eine entsprechend lange Erfahrung des
Beklagten im Online-Goldankauf.
Zudem leite der Beklagte den Verbraucher auch mit den
Zusätzen „Inhaber und ,,Einzelfirma“ auf seiner Kontaktseite in die Irre. Diese
Begriffe ließen auf einen eingetragenen Kaufmann schließen, was der Beklagte
unstreitig nicht ist.
Zuletzt ist die Klägerin der Ansicht, sie habe den
Beklagten wirksam abgemahnt. Ihre Abmahnung sei mit Zusendung an die
Prozessbevollmächtigten des Beklagten, spätestens aber im Laufe des Verfahrens
41 O 90/13 vor dem Landgericht Essen dem Beklagten zugegangen.
Die Klägerin stellt die aus dem Urteilstenor ersichtlichen
Anträge.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet, dass durch den Zusatz ,,seit
1997“ bei seiner Werbung der Eindruck entstehe, dass die Domain und der Goldhandel
über das Internet seit 1997 betrieben wurden. Der Zusatz beziehe sich vielmehr
allgemein auf das Unternehmen des Beklagten, welches er seit 1997 betreibe -
nebenbei auch mit Goldhandel — und das seither auch im Wesentlichen denselben
Charakter habe. So sei ja auch der Jahreszusatz bildlich von dem ,,.de“ abgegrenzt.
Das Zeichen ,,bio-goIdankauf.de“ sei eine reine
Phantasiebezeichnung.
Seine Angabe ,,Inhaber“ und ,,Einzelfirma“ im Impressum
ließe im Verkehr allein auf die einfache Form der Selbstständigkeit schließen.
Auch verwende er diese Angaben ja nicht als Unternehmensbezeichnung.
Zuletzt sei er auch nicht wirksam durch die Klägerin
abgemahnt worden, da die ,,Abmahnung“ lediglich an den Prozessbevollmächtigten
adressiert gewesen sei.
Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Unterlassung der in dem Klageantrag 1 a) - e) bezeichneten Handlungen sowie
einen Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 1.511,90 € nebst Zinsen
in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2013.
Die Klägerin hat gemäß der §§ 8 I, III Nr. 1, 3 I in
Verbindung mit § 5 I Nr. 1 UWG einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung
der Domain ,,www.bio-goIdankauf.de“.
Die Klägerin ist Mitbewerberin des Beklagten im Sinne des
§ 8 III Nr. 1 UWG. Sie ist wie er im Goldankauf tätig und steht mit ihm in
einem konkreten Wettbewerbsverhältnis.
Der Beklagte nimmt mit der Führung der Domain eine nach §
3 I UWG in Verbindung mit § 5 I Nr. 1 UWG unzulässige geschäftliche Handlung
vor.
Die Führung der Domain ist eine geschäftliche Handlung im
Sinne des § 2 I Nr. 1 UWG. Sie stellt eine sogenannte kommerzielle Mitteilung
dar, die sowohl den Absatz als auch das Erscheinungsbild des Unternehmens des
Beklagten fördern soll (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 2, Rn. 14).
Gemäß § 3 I UWG sind unzulässige geschäftliche Handlungen
solche, die unlauter sind, mithin geeignet, die Interessen von Mitbewerbern,
Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern zu beeinträchtigen. Gemäß § 5 I
Nr. 1 handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt,
unter anderem Handlungen, die unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete
Angaben über wesentliche Merkmale seiner Dienstleistung enthalten. In Bezug auf
Dienstleistungen umfasst dies insbesondere Irreführungen über Eigenschaften und
Güte, mithin Qualitätsaussagen der angebotenen Dienstleistung (Köhler/Bornkamm,
UWG, 32. Auf|., § 5, Rn. 4.45 ff.).
Mit dem Ankauf von Gold und dem darauffolgenden
Analyseverfahren führt der Beklagte eine Dienstleistung aus. Die Domain
,,bio-goldankauf.de“ enthält unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben über
die wesentlichen Merkmale dieser Dienstleistung, welche auch zu einer Irreführung
des Verbrauchers führt. Diese Irreführung ist zudem geeignet die Interessen von
Mitbewerbern wie Verbrauchern zu beeinträchtigen.
Für die Frage, ob die Angabe des Beklagten unwahr und zur
Täuschung geeignet ist, ist zu überprüfen, weiche Vorstellungen der durchschnittlich
informierte verständige Verbraucher mit dieser Aussage verbindet. Da die Kammer
zum angesprochenen Verbraucherkreis gehört, kann sie diese Prüfung ohne
Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens aus eigener Anschauung
beantworten. Danach ist die Kammer der Auffassung, dass der Verbraucher in
erster Linie erwartet, dass es zwischen der Dienstleistung des Beklagten und
der seiner Mitbewerber dergestalt einen Unterschied gibt, dass der Beklagte
umweltfreundlicher oder nachhaltiger handelt.
Der Name ,,bio-goldankauf“ stellt keine
Phantasiebezeichnung dar. Der Verbraucher verbindet mit dem Wort ,,bio“ ganz
konkrete Vorstellungen und es bleibt beim Lesen des Namens eben kein Raum für
Phantasie oder Interpretationen.
Allein durch die Verwendung des Wortes ,,bio“ entsteht
beim Verbraucher die Vorstellung von Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit
(ausführlich dazu OLG Düsseldorf, 05.06.1986, 2 U 16/86 — GRUR 1988, 55, Rn.
1.a)). Der Verbraucher bekommt das Gefühl, beim Kauf oder bei der Nutzung von „Biosachen“
für sich selbst und auch für die Umwelt etwas Gutes zu tun.
Dies wird auf der Startseite des Internetauftritts
dadurch verstärkt, dass die Werbung „,……. ……
betreibt bio-goldankauf.de bereits seit 1997 und kann auf langjährige Erfahrung
im Goldankauf und der Edelmetallbestimmung zurückblicken“ mit einem grünen
Kasten hinterlegt ist und sich im rechten unteren Bereich des Kastens ein grünes
Blatt befindet. Die Farbe Grün und das Bild eines Blattes verbindet der
Verbraucher mit Natur und Umweltfreundlichkeit. In Zusammensetzung mit den Worten
„Goldankauf“ und „Edelmetallbestimmung“ entsteht der Eindruck, dass diese eben auch
besonders natur- bzw. umweltfreundlich durchgeführt werden können.
Mit der Beschreibung des Goldanalyseverfahrens, wo es
heißt „Nun gehen die angekauften Edelmetalle in ein energieintensives
Recycling. Hier steht für uns und unsere Partner aber Umweltschutz und
Nachhaltigkeit, also die optimale Goldausbeute an erster Stelle – „deshalb auch
Bio-Goldankauf.de, so ……“,
wird eine eindeutige Verbindung zwischen Umweltschutz und Nachhaltigkeit und
dem Unternehmen des Beklagten hergestellt. Überdies wird der Eindruck erweckt,
dass es objektive Merkmale gibt, anhand derer überprüft werden kann, ob ein
Goldanalyseverfahren umweltfreundlicher ist als ein anderes und deshalb von dem
umweltbewussten Verbraucher vorgezogen werden sollte.
Werbemaßnahmen, die an eine besondere Umweltfreundlichkeit
und Nachhaltigkeit - welches immer wichtigere Schutzgüter für die Gesellschaft
werden - anknüpfen sind im besonderen Maße dazu geeignet, Emotionen im
Verbraucher anzusprechen (vgl. hierzu BGH, 20.10.1988, I ZR 219/87- NJW 1989,
711, Rn. II.2.a); OLG Hamburg, 09.03.1989, 3 U 182/88, NJW-RR 1989, 1447, Rn.
1). Eine Irreführungsgefahr für den Verbraucher ist in diesen Fällen der umweltbezogenen
Werbung besonders hoch. Damit ist sie insbesondere auch geeignet, bei einem
erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise die zu treffende Marktentschließung
in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. dazu Köhler/Bornkamm,
UWG, 32. Aufl., § 5 Rn. 2.20 und 2.169 f.). In der Annahme, etwas Gutes für die
Umwelt zu tun, könnte sich der Verbraucher eher dem Beklagten anstatt anderer
Mitbewerber zuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung entsteht daher ein
gesteigertes Aufklärungsbedürfnis über die Bedeutung und den Inhalt der
verwendeten Begriffe (vgl. etwa BGH, 20.10.1988, I ZR 219/87 — NJW 1989, 711,
Rn. I, II.2.a); BGH,
20.10.1988, I ZR 238/87 – NJW 1989, 712, Rn. II; OLG Nürnberg, 18.04.1989, 3 U
2642/88 - NJW-RR,1989,813, Rn. 1). Dieser Aufklärungspflicht
kommt der Beklagte nicht nach. Die Erläuterung des Beklagten zu Schritt 4 des
Analyseverfahrens ist nicht ausreichend. Der Beklagte erläutert auch nicht weiter,
worin seine besondere Umweltfreundlichkeit und der Unterschied zu anderen
Goldankäufern bestehen sollen. Auch in der mündlichen Verhandlung ließ sich
eine besondere Umweltfreundlichkeit der Dienstleistungen des Beklagten nicht
feststellen.
Der Beklagte kann sein Werbeverhalten auch nicht damit
rechtfertigen, dass auch andere Unternehmen mit den Worten ,,bio“ werben, ohne
eine wahre Bioeigenschaft zu haben. Zum einen haben die in den vom Beklagten
genannten Werbungen beworbenen Produkte zumindest eine Verbindung zur Natur -
was bei Gold nicht der Fall ist. Zum anderen gilt auch hier der Grundsatz „kein
Recht im Unrecht“.
Aus denselben Gründen hat die Klägerin gegen den
Beklagten gemäß der §§ 8 I, III Nr. 1, 3 I in Verbindung mit § 5 I Nr. 1 UWG
einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der in dem Auszug des Registers
des Deutschen Patent- und Markenamtes (Blatt 11 der Gerichtsakte) dargestellten
Wort-Bildmarke.
Die Nutzung der Wort-Bildmarke ist eine geschäftliche
Handlung im Sinne des § 2 I Nr. 1 UWG. Diese ist nach § 3 I in Verbindung mit §
5 I Nr. 1 UWG unzulässig. Auch die Wort-Bildmarke enthält unwahre und zur Täuschung
geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Dienstleistung des Beklagten.
Auch die — bildliche - Zusammensetzung der Worte ,,bio“
und ,,goldankauf“ erweckt nämlich beim Verbraucher den Eindruck, zwischen dem
Beklagten und anderen Goldankäufern bestehe ein Unterschied dergestalt, dass er
geschäftlich umweltfreundlich(er) bzw. nachhaltig(er) handelt. Dadurch wird der
umworbene Verkehrskreis in wettbewerblich relevanter Weise beeinflusst. Seiner
Aufklärungspflicht, worin seine „Bioeigenschaft“ besteht, kommt der Beklagte
nicht nach. Auf obige Ausführungen wird verwiesen.
Die Klägerin hat zudem gegen den Beklagten gemäß der §§ 8
I, III Nr. 1, 3 I in Verbindung mit § 5 I Nr. 3 UWG einen Anspruch auf
Unterlassung der Führung des Zusatzes „seit 1997“ im Zusammenhang mit der Wort-Bildmarke
oder Domain des Beklagten sowie der Werbung mit dem Inhalt, der Beklagte
betreibe bio-goIdankauf.de bereits seit 1997 und könne auf langjährige
Erfahrung im Goldankauf und der Edelmetallbestimmung zurückblicken.
Der Beklagte nimmt mit der Alterswerbung eine nach § 3 I
UWG in Verbindung mit § 5 I Nr. 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vor.
Die Alterswerbung ist eine geschäftliche Handlung im
Sinne des § 2 I Nr. 1 UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 2, Rn. 15).
Sie enthält unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben über
die Dauer der Goldankauftätigkeiten des Beklagten, mithin über Eigenschaften
seines Unternehmens (vgl. dazu Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5, Rn. 5.55).
Entscheidend ist, wie die Alterswerbung des Beklagten in
den angesprochenen Kreisen verstanden wird (vgl. etwa BGH, 31.05.1960, I ZR
16/59, JurionRS 1960, 12372, Rn. 13). Der Zusatz „seit 1997“ erweckt den
Eindruck, der Beklagte betreibe den Online-Goldhandel bereits seit 1997. Dieser
Eindruck wird nicht durch die bildliche Stellung des „seit 1997“ in der
Wort-Bildmarke verhindert. Der Zusatz scheint seinen Platz eher dadurch gefunden
zu haben, dass er sich optisch gut zwischen dem „k“ und dem „f“ einbettet und
auf der rechten Seite in schwarz ein rundes Bild mit dem „bio“‘ in schwarz auf
der linken Seite abgibt. Durch seinen Platz steht der Jahreszusatz auch näher
an dem „.de“ als er es etwa mittig über dem „an“ tun würde.
Für den Verbraucher entsteht der Eindruck, der Beklagte
betreibe den Online-Goldhandel unter der Domain „bio-goIdankauf.de“
kontinuierlich seit 1997. Diese Alterswerbung weist auf langjährige
Geschäftstätigkeit, -erfahrung und -tradition hin und ist als solches
Vertrauensargument dazu geeignet, die Entscheidung des Verbrauchers für ein
Geschäft mit dem Beklagten positiv zu beeinflussen (vgl. auch BGH,31.05.1960, I
ZR16/59, Juri0nRS1960, 12372, Rn. 15, 17; BGH, 11.07.1980, I ZR 105/78, GRUR
1981, 69, Rn. II; OLG Hamm, 24.01.2012, I-4 U 129/11, GRUR-RR 2012, 293, Rn. IV.2).
Besteht das beworbene Unternehmen in seinem wesentlichen Charakter aber nicht
seit dem angegeben Jahr, wird der Verbraucher durch den Jahreszusatz in die
Irre geführt (vgl. nur BGH, 11.07.1980, I ZR105/78, GRUR 1981,69, Rn. II).
Der Beklagte schreibt außerdem auf der Startseite seines Internetauftrittes,
dass er „bio-goldankauf.de“ bereits seit 1997 betreibe. Im Zusammenhang mit der
zweiten Satzhälfte („und kann auf langjährige Erfahrung im Goldhandel und der
Edelmetallbestimmung zurückblicken“) wird der Eindruck erweckt, der Beklagte
sammele bereits seit 1997 Erfahrungen im (Online-)Goldhandel und der Edelmetallbestimmung.
Für diese streitige Tatsache bleibt der Beklagte beweisfällig.
Der Beklagte ist für die Tatsache seiner Goldankaufstätigkeit beweispflichtig
(vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5, Rn. 3.23). Diese Tatsache fällt in
seinen Verantwortungsbereich. Es ist ihm nach den Umständen auch zuzumuten, die
erforderliche Aufklärung über seine Unternehmenskontinuität und -tätigkeit zu leisten.
Das Beweisangebot des Beklagten in Form der Gewerbe-Ummeldung ist unergiebig.
Aus diesem geht lediglich hervor, dass der Beklagte sein Gewerbe auf den
Verkauf von Kunsthandwerk und Geschenkartikeln ummeldet und weiterhin
Schmuckversand betreibt, nicht aber den Ankauf von Gold (im Internet). Auch
stellt der Online-Ankauf einen ganz anderen Geschäftszweig dar. Der Charakter
des Vertriebes wird durch die neuen Möglichkeiten des Internets weitestgehend
verändert (vgl. dazu BGH, 11.07.1980, I ZR 105/78, GRUR 1981, 69, Rn. II).
Wirbt der Beklagte damit, den Onlinehandel seit 1997 – folglich den Anfängen
des Internets - zu betreiben, erweckt er damit den Eindruck, über einen großen
Erfahrungsschatz und möglicherweise weitreichende Geschäftskontakte, die auf
diesen Zeitpunkt zurück reichen, zu verfügen. Der vom Beklagten beworbene Geschäftszweig
des Online-Goldhandels lässt sich eben nicht bis zum Jahr 1997 zurück
verfolgen, sodass die durch die mit der Werbung erweckte Verbrauchervorstellung
nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt (vgl. hierzu OLG Hamm, 24.01.2012, I-4
U 129/11, GRUR-RR 2012, 293, Rn. IV.2.b)).
Zuletzt hat die Klägerin gegen den Beklagten gemäß der §§
8 I, III Nr. 1, 3 I in Verbindung mit § 5 I Nr. 3 UWG einen Anspruch auf Unterlassung
der Bezeichnungen „Inhaber“ und „Einzelfirma“ in seinem Internetauftritt.
Auch diese geschäftliche Handlung ist irreführend. Sie
enthält unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des
Beklagten. Die Zusätze vermitteln dem Verkehr einen missverständlichen
Eindruck.
Zur Beantwortung der Frage, ob durch die Zusätze beim
Verbraucher Eindrücke über bestimmte Eigenschaften des Beklagten entstehen, ist
auf die Auffassung der Verkehrskreise abzustellen, an die sich die Internetseite
richtet (vgl. OLG München, 14.11.2013, 6 U 1888/13, BeckRS 2014, 08330, Rn.
2.b.aa.).
Zwar verbindet der juristische Laie mit dem Begriff „Inhaber“
nicht sofort auch die Kaufmannseigenschaft. Jedoch wird durch die
Zusammensetzung ,,Rechtliches: Inhaber und inhaltlich verantwortlich: ……. …… (Einzelfirma)“ der Eindruck erweckt, der Inhaberzusatz
habe eine rechtliche Aussage. Der Verbraucher könnte meinen, der Beklagte wolle
durch den Zusatz auf eine rechtliche Eigenschaft hinweisen.
Ebenso verhält es sich mit dem Begriff „Einzelfirma“.
Grundsätzlich ist es nur einem eingetragenen Kaufmann vorbehalten, eine „Firma“
zu führen. Diese Voraussetzung erfüllt der Beklagte nicht. Durch den Zusatz in
der Klammer hinter dem Namen des Beklagten („……. …… (Einzelfirma)“) entsteht zudem der Eindruck, dass dieser Zusatz
etwas juristisch Bedeutsames ist und sich hinter dem Beklagten eine größere „Firma“
verbirgt. Auch dies entspricht nicht den Tatsachen.
Gemäß § 12 I 2 UWG hat die Klägerin gegen den Beklagten
einen Anspruch auf Erstattung der Kosten ihrer Abmahnung in Höhe von 1.531 ,90 €.
Die Abmahnung des Beklagten war in vollem Umfang berechtigt. Sie ist auch mit Zustellung
an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten ordnungsgemäß zugegangen. Die
geltend gemachte Höhe des Anspruchs ist nicht bestritten worden und wird
insofern zu Grunde gelegt.
Zinsen stehen der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des
Verzuges zu.
Die Entscheidung über die Kosten folgt § 91 I ZPO.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgen § 709 S. 1 ZPO sowie § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Pohlmann Schmoley Tuncay
Vorsitzende Richterin Handelsrichter Handelsrichter
Landgericht
Anmerkung:
Auf die Berufung des Beklagten bei dem Oberlandesgericht
Hamm – I-4 U 167/14 – hat die Klägerin nach Hinweis des Gerichts ihre Anträge mit
der Maßgabe konkretisiert, dass folgendes ergänzt wurde:
Zu 1 a) u. b):
„Wie geschehen in dem Internetauftritt des Beklagten
unter www.bio-goldankauf.de/goldankauf/ gemäß Anlage W 2“.
Zu 1 c)
„Wie geschehen in dem Internetauftritt des Beklagten
unter www.bio-goldankauf.de gemäß der Anlage W 3 und in der Werbung auf
Busfahrzeugen im Nahverkehr gemäß Anlage W 4.“
Zu 1 d)
„Wie geschehen in dem Internetauftritt des Beklagten
unter www.bio-goldankauf.de gemäß Anlage W 3“.
Zu 1 e)
„Wie geschehen in dem Internetauftritt des Beklagten
unter www.bio-goldankauf.de/kontakt/ gemäß Anlage W 8.“
Das Oberlandesgericht Hamm hielt indes die
Anbieterkennzeichnung so für zulässig, sodass nach weiterem Hinweis des
Gerichts der Antrag 1 e) von der Klägerin zurückgenommen wurde sowie der
Zahlungsantrag insoweit, als mehr als 1.225,- € nebst anteiliger ausgeurteilter
Zinsen geltend gemacht wurden.
Der Beklagte stimmte der teilweisen Klagerücknahme zu und
nahm die Berufung zurück. Die Kosten des Rechtsstreits wurden im Verhältnis
80/20 zu Lasten des Beklagten entschieden.