Landgericht
Hamburg
Az.: 315 O
205/18
Verkündet am
22.11.2019
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In der Sache
IDO
Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher
Online-Unternehmen e.V.,
vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden, Uhlandstr.
1, 51379 Leverkusen,
- Klägers u. Widerbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr.
Paps, Reichelt, Paul, Vorsetzen 41, 20459 Hamburg, Gz.: 311/18 BW17
gegen
...
- Beklagte u. Widerklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Christian
von der Heyden, Konstanzer Straße 6, 10707 Berlin, Gz.: 89/18
erkennt das Landgericht
Hamburg - Zivilkammer 15 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr.
Enderlein, die Richterin am Landgericht Dr. Kohls und den Richter am
Landgericht Harder auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.07.2019 für
Recht:
I. Die Klage
wird abgewiesen.
II. Der
Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreit.
III. Das
Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger
behauptet, ein klagebefugter Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im
Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu sein. Die Beklagte vertreibt im Onlinehandel
Bekleidung, unter anderem Baby-Bekleidung, die sie bedrucken lässt und den
Kunden sodann mit versicherten Postpaket bzw. per DHL zusendet bzw. zusenden
lässt.
Der Kläger
beanstandet die diesbezügliche Angabe der Beklagten, wie sie aus der Abbildung
im Klageantrag und der weiter dazu vorgelegten Anlage K 7 ersichtlich ist, als
irreführend im Sinne von § 5 Absatz 1 UWG und Verstoß gegen Ziffer 10 des
Anhangs zu § 3 UWG.
Dazu trägt der
Kläger vor, dass der Verkehr bzw. maßgebliche Teile des Verkehrs durch die
Angabe „versichertes Postpaket“ anzunehmen veranlasst würden, das
Versendungsrisiko liege – entgegen der gesetzlichen Regelung für den Fernabsatz
– nicht beim Verkäufer, sondern bei den Kunden, so dass der Verkäufer diesen
gegenüber eine besondere Leistung erbringe. Dies sei tatsächlich nicht der
Fall.
Hinsichtlich
der streitigen Aktivlegitimation trägt der Kläger vor, er verfüge über ca. 2400
Mitglieder (Unternehmer und Freiberufler) und ihnen gegenüber erfülle er seine
satzungsgemäßen Zwecke wie beispielsweise Formular-Service, Ersteinschätzungen
bei Abmahnungen, technischer Support, Forderungsmanagement: er unterhalte einen
Informationsdienst und ein Online-Magazin. Dazu liegt der Kläger das
Anlagenkonvolut K 2 vor. Die Leistungserbringung erfolge zum Teil allerdings
nicht durch ihn selbst, sondern durch besonders beauftragte externe Vertragspartner.
Rechtsdienstleistungen würden unter Mitwirkung von Volljuristen unter Beachtung
des § 7 Abs. 2 RDG erbracht. Die Satzung liegt der Kläger als Anlagenkonvolut K
3 vor. Der Kläger behauptet weiter, er verfüge über eine ausreichend besetzte
Geschäftsstelle, für die er eine monatliche Miete von zurzeit 2.105,11 € zahle.
Seine Geschäftsführerin sei juristisch ausgebildet.
Hinsichtlich
der Mitglieder aus dem Bereich der Textilbranche und ihren Umsätzen, die nach
der Auffassung des Klägers hinsichtlich der Aktivlegitimation maßgeblich seien,
wird Bezug genommen auf das Vorbringen des Klägers im nachgelassenen
Schriftsatz vom 24.7.2019 einschließlich der dort vorgelegten Anlagen K 40 bis
K 51. Im Übrigen verweist der Kläger auf eine Fülle von gerichtlichen
Entscheidungen, die seine Legitimation angenommen hätten. Dazu liegt der Kläger
das Anlagenkonvolut K 53 und auch Entscheidungen der Kammer vor. Auf die
Anlagen wird Bezug genommen.
Der Kläger
mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 3.4.2018 (Anlage K 10) ab und stellte der
Beklagten eine „Kostenpauschale für die Abmahnung“ in Höhe von 232,05 € in
Rechnung. Auf die Anlage wird Bezug genommen.
Dazu trägt der
Kläger vor: eine Kostenanalyse haben ergeben, dass auf eine Abmahnung
mindestens diese Kosten entfielen. Er habe deshalb gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 UWG
den Anspruch auf Erstattung dieser Kostenpauschale mit der Abmahnung zu Recht
geltend gemacht. Die Widerklage sei deshalb unbegründet gewesen. In der
mündlichen Verhandlung erklärt der Kläger, er verzichte nun mehr auf die
Geltendmachung dieses Betrages.
Der Kläger
beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
es bei
Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft
bis zu 6 Monaten, mit der Maßgabe, dass die Ordnungshaft an den
Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
im
geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz betreffend
Textilangebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, und/oder zur Abgabe
von Angeboten aufzufordern, in denen die nachfolgende oder inhaltsgleiche
Klausel verwendet wird: „Versand aus Hamburg per versicherten Postpaket/DHL
(…)“,
jeweils wie
nachstehend wiedergegeben:
Die Beklagte
hat ursprünglich beantragt,
Klage
abzuweisen,
widerklagend
festzustellen,
dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung der im Abmahnschreiben vom 3.4.2018
(Anlage K 10) von der Beklagten geforderten und mit selben Datum in Rechnung
gestellten „Kostenpauschale für die Abmahnung“ in Höhe von 232,05 € zusteht.
Nach dem
Verzicht des Klägers auf diese Kostenpauschale haben die Parteien den
Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklage in der mündlichen Verhandlung
übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Beklagte
beantragt daher nunmehr,
die Klage
abzuweisen.
Die Beklagte
bestreitet, dass es vorliegend um eine irreführende Angabe gehe. Die Angabe sei
zutreffend. Es handelt sich nicht um eine Information, die den Eindruck
erwecke, sie erbringe mit der Versicherung des Pakets eine besondere Leistung
für die Kunden. Es handele sich um eine sachlich und zutreffende Information,
dass sie ihr eigenes Transportrisiko abgesichert habe.
Die Beklagte
bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers, insbesondere bestreitet sie, dass
die behauptete materielle und personelle Ausstattung des Klägers vorhanden sei.
Unter der Adresse des Klägers domiziliere eine weitere Gesellschaft, die mit
dem Kläger personell verbunden sei, so dass insbesondere zu bestreiten sei,
dass der Kläger die Miete für die Räume und das Personal selbst bezahle. Zu
bestreiten sei weiter, dass dem Kläger eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern
der hier interessierenden Branche der Babybekleidung angehören. Es reiche nicht
aus, dass dem Kläger andere Unternehmen der Textilbranche angehören. Zu
bestreiten sei ferner, dass diese Mitglieder überhaupt wirksam in den
klägerischen Verein aufgrund von rechtsverbindlich angenommenen
Aufnahmeanträgen eingetreten seien.
Hinsichtlich
des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze einschließlich
der Anlagen ergänzend Bezug genommen. Hinsichtlich der Hinweise der Kammer wird
Bezug genommen auf die Niederschrift vom 3. Juli 2019.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist
zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch nicht zu. Dabei kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob
der Kläger ausreichend substantiiert hat, dass er die an einen
Wettbewerbsverband zu stellenden Anforderungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2
UWG hinsichtlich seiner personellen/materielle Ausstattung und einer
ausreichenden Anzahl von Mitgliedern im hier interessierenden Marktsegment
erfüllt, wobei auch nicht festgestellt werden muss, ob dieses Marktsegment den
gesamten Bereich der Textilbranche umfasst, oder nur, wie die Beklagte geltend
macht, das (kleinere) Marktsegment der Babybekleidung.
Jedenfalls
ergibt sich der Sache nach kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 5 UWG in
Verbindung mit Ziff. 10 des Anhangs zu § 3 UWG.
Die
angegriffene Angabe „Versand aus Hamburg per versicherten Postpaket/DHL (…)“
ist in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht wettbewerbswidrig, insbesondere
nicht irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 UWG. Diese Angabe ist
zutreffend. Der Kläger trägt nicht vor, dass die Versendung tatsächlich nicht
mit versicherten Postpaket/DHL erfolgt. Diese Angabe wirbt auch nicht mit einer
aufgrund gesetzlicher Verpflichtung ohnehin bestehenden Leistungspflicht des
Klägers, denn es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Versicherungspflicht für
die Versendung im Online-Handel. Ein Fall von Ziff. 10 des Anhangs zu § 3 UWG
liegt (entgegen OLG Dresden, Beschluss vom 28.9.2015 Az.: 14 W 135/15 – Anlage
K 13), gerade nicht vor. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch
wesentlich von dem Fall, der dem Beschluss des Kammergerichts vom 3. Februar
2016 zugrunde lag. Dort war das Wort „versichert“ in einer Werbeanzeige
deutlich herausgehoben und mit einem Bestätigungshaken versehen. Daraus schloss
das Kammergericht, dass die angesprochenen Verbraucher angesichts dieser
Formulierung davon ausgingen, dass damit ein ihnen obliegendes Transportrisiko
abgenommen bzw. vermindert werden solle. Insofern bleibt die Kammer bei ihrer
beispielsweise im Beschluss vom 6.3.2017 in einem vom Kläger angestrengten
einstweiligen Verfügungsverfahren erlassenen (abweisenden) Beschluss, dass eine
lediglich im Fließtext erscheinende, nicht besonders hervorgehobene Angabe
„versichert“, wenn in der Sache zutreffend, nicht im Rechtssinne irreführend
ist.
Soweit sich der
Kläger auf die Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Beschluss
vom 29.6.2017, Az.: 5 W 23/17 – Anlage K 14) beruft, in dem der 5. Senat eine
ähnliche Angabe in einem Einzelfall als irreführend angesehen hat, folgt die
Kammer dem für den vorliegenden Fall nicht. Es handelt sich zunächst nicht um
eine so genannte „Nullinformation“, weil es ohnehin nur versicherte
Pakete gibt oder der Gesetzgeber eine solche versicherte Versendung allen
Verkäufern vorschreibt. Der Umstand, dass ein Paket auf dem bekanntermaßen
gefährlichen Postwege Versicherungsschutz genießt, ist keine für den Kunden
vollkommen uninteressante Information. Ließe der Verkäufer diese Angabe fort,
wäre der Verkehr im Gegenteil veranlasst, die – unzutreffende – Folgerung zu
ziehen, dass das Paket nicht versichert sei. Im Falle einer Beschädigung
eines Versichertenpakets treffen den Kunden gegebenenfalls auch
Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Geltendmachung des Schadens bei der
Versicherung des Verkäufers (Aufbewahrung der beschädigten Verpackung, Übergabe
an den Postzusteller bzw. Abgabe in einer DHL-Filiale u.a.).
Soweit der
Kläger geltend macht, diese Angabe suggeriere dem angesprochenen Verkehr, dass
die Beklagte eine besondere Leistung für den Kunden erbringe, weil das
Versendungsrisiko auf Seiten des Kunden liege und die Versicherung deshalb egal
sein könne, ist die Aussage in dem Kontext, in dem sie vorliegend getätigt
wird, auch von Teilen des angesprochenen Verkehrs so nicht zu verstehen. Die
Angabe steht unverbunden in einer Reihe weiterer Informationen zur „Ist“-Qualität
der Ware wie den Textilkennzeichnungen, der Art und Weise des Drucks und des
Herstellungsortes und keineswegs wie es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Fall wäre, im Kontext rechtliche Angaben. Der Verkehr hat an dieser Stelle
keinerlei Veranlassung sich über das Versendungsrisiko im Sinne der §§ 447,
474, 475 BGB überhaupt Gedanken zu machen, schon gar nicht mit der Verkehr oder
werden maßgebliche hier seiner Teile durch diese Angabe veranlasst anzunehmen,
das Versendungsrisiko liege entgegen den gesetzlichen Regelungen des
Verbrauchsgüterkaufs im Fernabsatzhandel bei ihm oder der Verkäufer sei jedenfalls
dieser Ansicht. Dies folgt zum einen daraus, dass Versicherungsnehmer und Versicherter
(nur) der Verkäufer/Versender selbst ist und daher nur sein Risiko
versichert ist. Eine Versicherung zu Gunsten des Käufers/Empfängers wird
vorliegend gerade nicht versprochen. Zum anderen folgt dies daraus, dass ein (großer)
Teil des online bestellenden Verkehrs die Rechtslage kennen wird und deshalb
weiß, dass der Verkäufer genau deshalb Grund dazu hat, sein Risiko zu
versichern. Das ist für den Kunden, auch wenn er das Risiko nicht trägt, nicht
ohne jedes Interesse, weil es im Schadensfall die Schadensentwicklung
erleichtern kann, auch wenn er weiß, dass der Verkäufer rechtlich bei Verlust
oder Beschädigung zur Nachlieferung verpflichtet ist und wie bereits dargelegt,
bestimmte Mitwirkungspflichten bei der Schadensabwicklung für ihn resultieren
können.
Bei den Teilen des Verkehrs, die die
Rechtslage nicht kennen und das Versendungsrisiko unzutreffend bei sich
verorten, wird diese viel Vorstellung nicht erst durch diese Angabe des
Verkäufers zu der irrigen Annahme veranlasst, das Transportrisiko zu tragen.
Dass ein
erheblicher Teil der Gruppe, die die Rechtslage kennt und das Transportrisiko
zutreffend beim Verkäufer/Versender sieht, durch diese Angabe veranlasst werden
könnte, die Rechtslage nunmehr anders – also falsch – zu beurteilen und das
Versendungsrisiko bei sich sehen, ist fern liegend. Nahe liegender ist es, wie
dargestellt, dass dieser Teil des Verkehrs erkennt, dass der
Verkäufer/Versender sein eigenes Risiko versichert, eben weil er
es trägt.
Die Angabe zur
Versendung ist hier in keiner Weise hervorgehoben, so dass der Verkehr nicht
veranlasst wird anzunehmen, dass ihm hier eine besondere Leistung zuteil werde,
genauso wenig wie beispielsweise die weitere Angabe „Gedruckt in Hamburg“
ebenfalls keine „besondere Leistung“ bewirbt, sondern beschreibt, was der Fall
ist, also eine bloße Tatsacheninformation darstellt.
Die Kostenfolge
ergibt sich aus §§ 91, 91a ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt
erklärten ursprünglichen Widerklageantrags hat der Kläger die Kosten zu tragen,
weil eine Kostenpauschale aufgrund der nicht begründeten Abmahnung zu keinem
Zeitpunkt verlangt werden konnte.
Die Entscheidung
über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 709 S. 1 und S. 3 ZPO.
Hinweis: Das
Urteil ist rechtskräftig, nachdem der IDO Verband die Berufung zurückgenommen
hat.